Die Ausbildung einer Metall-Metall- Bindung auf einer Oberfläche kann große Veränderungen in den elektronischen, chemischen und katalytischen Eigenschaften des Metalls hervorrufen. Zur Untersuchung von entsprechenden metallischen Bindungen erweist es sich als sehr vorteilhaft, bimetallische Systeme zu verwenden, die im Vakuum durch Deposition eines Metalls auf einer gut definierten Metalloberfläche hergestellt werden können. Solche Systeme erlauben die Korrelation elektronischer und chemischer Eigenschaften mit Oberflächenstrukturen auf atomarer Stufe. In vielen Fällen haben Erkenntnisse, die durch die Nutzung epitaktischer Systeme gewonnen wurden, den Blick auf Oberflächen- Metallsysteme revolutioniert.
So beinhaltet das Gebiet der Oberflächenwissenschaft einerseits auf der atomaren Ebene hervorragende Modellsysteme zur Untersuchung der Wechselwirkung der Atome bzw. Atomverbände und erlaubt das Studium des Einflusses der Dimensionalität des jeweiligen Systems auf dessen geometrischer Struktur. Andererseits ist die Technologie zur heutigen Zeit soweit fortgeschritten, daß spezielle Anwendungen (der Mikroelektronik und -mechanik) in den Größenbereich atomarer Dimensionen vorgestoßen sind. Dies setzt gut geordnete Strukturen voraus, deren Wachstum bereits in diesem Bereich initiiert werden muß. Im Gebiet der magnetischen und magnetooptischen Speichertechnologie kommt es zu starken Einflüssen der Oberflächengeometrie. Heterogen katalytische Prozesse laufen im Detail immer auf Oberflächen und auf atomarer Ebene ab, so daß zu deren Verständnis Untersuchungen direkt im interface-Bereich nötig sind.
Durch die vielfältigen technologischen Anwendungen, die gemischte Metallsysteme haben, wuchs in den letzten Jahren das Interesse am Verhalten von Atomen und Molekülen auf Oberflächen, die heteronukleare Bindungen ausbilden und natürlich an ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften. Dabei ergeben sich mehrere Fragen: Was zeichnet eine heteronukleare Metallbindung im Oberflächenbereich aus? Wie verändert die Ausbildung solch einer Bindung die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Metalle? Wie beeinflußt die geometrische Struktur der reinen und der mit Adsorbat bedeckten Oberfläche die elektronische Struktur und welche direkte Relevanz hat sie für An- und Umordnungen des Adsorbates, insbesondere Phasenumwandlungen?
Mit diesen Fragestellungen befaßt sich der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) seit 1992 geförderte Sonderforschungsbereich 290 "Metallische dünne Filme: Struktur, Magnetismus und elektronische Eigenschaften". Im speziellen geht es innerhalb des Sonderforschungsbereiches darum, ein grundlegendes Verständnis des Wachstums, der Struktur, der (insbesondere auch magnetischen) Eigenschaften und der Stabilität dünner und ultradünner metallischer Festkörperfilme und ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften zu erreichen. Es werden dabei von experimenteller Seite mit teilweise recht unterschiedlichen Methoden Situationen angestrebt, die auch von theoretischer Seite her zugänglich sind.
In der Teilprojektgruppe B "Morphologie und elektronische Eigenschaften dünner Filme" stehen die detaillierte Aufklärung des Zusammenhangs zwischen Filmwachstum und geometrisch-strukturellen Parametern auf der einen Seite und der elektronischen Struktur sowie Transporteigenschaften und optischen Eigenschaften in dimensionsreduzierten Systemen im Vordergrund. Die vorliegende Arbeit ist in das Teilprojekt B3 "Bestimmung von Wachstums- und Strukturparametern von einkristallinen Metall- und Legierungsfilmen" eingeordnet. In diesem Teilprojekt und auch in der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Schwerpunkte bearbeitet:
Als eine der wichtigsten Größen hat sich das Mißverhältnis der Gitterparameter der beteiligten Metalle (misfit) erwiesen. Der misfit spielt sowohl bei morphologischen Fragen, wie z. B. ein- oder zweidimensionalen Wellungen der Oberfläche, als auch bei den elektronischen Wechselwirkungen im interface eine wichtige Rolle, und ist häufig für die Bildung von Legierungen maßgeblich.
Um die Vielzahl an Informationen erfassen zu können, wird im Teilprojekt mit mehreren experimentellen Methoden gearbeitet. Gleichzeitig werden die Ergebnisse durch theoretische Betrachtungen untermauert. Im Speziellen kommen dabei zum Einsatz (die fett geschriebenen Methoden finden in der vorliegenden Arbeit Anwendung):
Speziell die Thermodesorptionsspektroskopie (TDS) wurde im Rahmen dieser Arbeit extensiv weiterentwickelt und half, eine Vielzahl an Daten über die untersuchten Systeme Cu;Ag;Au;Pd/Re(0001), Cu;Ag/Re(0001)-st, Ag+Cu;Ag+Au/Re(0001) zu erhalten.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in folgende fünf Teile: