Da in späteren Messungen auch Kupfer als ein Legierungsbestandteil Verwendung finden soll, haben wir auch dieses Element als Film auf die hexagonale Re-Oberfläche aufgedampft und die Kupferfilme zunächst bezüglich Energetik und Kinetik der Desorption studiert; kombinierte LEED-, XPS-, AES- und TDS- Untersuchungen sind abgeschlossen. (STM-Untersuchungen zur Bestimmung der Oberflächenmorpholgie und zum Keimbildungsverhalten werden gerade begonnen.)
Kupfer und Rhenium zeigen sehr geringe bis keine elektronischen Wechselwirkungen. Das Wachstum von Kupfer auf einer Re(0001)-Oberfläche vollzieht sich nach einem Stranski-Krastanov-Modus, bei dem sich zunächst nacheinander zwei (eventuell uniaxial) relaxierte Lagen ausbilden. Darauf tritt ein Wachstum von dreidimensionalen Kristalliten ein. Sowohl die gebildeten Inseln im Sublagenbereich als auch die 3D-Kristallite besitzen eine kinetisch gehemmte Konfiguration bei niedrigen Temperaturen (fraktale Form), während bei höheren Temperaturen eine thermodynamisch stabile (kompakte) Form gebildet wird. Zumindest beim Aufbau der ersten Lage und bei höheren Temperaturen kommt es als Folge attraktiver Wechselwirkungen der Adteilchen untereinander zusätzlich zu einem Phasenübergang 2D-Gas / 2D-Inseln. Die Aktivierungsenergie der Desorption entspricht im Multilagenbereich etwa der Sublimationsenthalpie von Kupfer.
Am Beispiel des Cu/Re(0001) Systems (und in seinem Vergleich mit Ag/Re(0001)) läßt sich die Leistungsfähigkeit der thermischen Desorptionsspektroskopie demonstrieren. In der Abbildung ist eine Serie von Cu- TD-Spektren für den Bedeckungsgradbereich von 0 bis 2 Monolagen und den Temperaturbereich von 850K bis 1200K (Anfangsbedeckungsgrade: 0 bis 2 ML, Heizrate: 7.7K/s) wiedergegeben. Da die Desorptionsrate eine Funktion der Temperatur und des Bedeckungsgrades ist, handelt es sich um
eine dreidimensionale Darstellung. Bei höheren Bedeckungen kommt es zur Ausbildung eines dritten (Tieftemperatur-) Zustandes.
In Cu-Thermodesorptionsspektren von einer Re(0001)-Oberfläche, die mit bis zu 20 Monolagen bedeckt war, lassen sich deutlich drei Cu-Bindungszustände identifizieren, von denen die zwei Zustände bei höherer Temperatur einzelne Cu- Monolagen und der Tieftemperaturzustand darauf aufgewachsene Kristallite repräsentieren.
Während sich die einzelnen Zustände sowie die globale Desorptionskinetik bei hohen Bedeckungen gut erkennen lassen, sind deutlich Abweichungen von einer 0. Desorptionsordnung bei kleinem Q erkennbar. Im Submonolagenbereich suggeriert der Verlauf der Maximumstemperaturen mit zunehmender Bedeckung, daß sich entweder die Ordnung der Desorption oder deren Aktivierungsenergie oder beides mit wachsender Bedeckung ändert - hier kann nur eine genaue Kurvenformanalyse, wie sie bereits beim System Ag/Re(0001) vorgenommenwurde, nähere Aufschlüsse geben.
Die Anwendung des Bauerschen Auswerteverfahrens zeigt dann auch, daß - ähnlich wie beim Silber - die Aktivierungsenergie der Desorption von einem Anfangswert von etwa 200kJ/Mol bis auf etwa 300kJ/Mol bei Bedeckungsgraden von Q<0.4ML ansteigt, ein Indiz für stark attraktive Cu - Cu- Wechselwirkungskräfte. Dies läßt den Schluß zu, daß das Kupfer in Form von zweidimensionalen Inseln aufwächst, wie dies z.B. für das ähnliche System Cu/Ru(0001) bei 300 K auch von verschiedenen Autoren beobachtet wurde.
Bei einer genauen Diskussion des TD-Verhaltensmuß man aber noch berücksichtigen, daß bei den sehr hohen Temperaturen in der Nähe der Desorption die auf der Re-Oberfläche eingefangenen Cu-Atome sehr viel thermische Energie besitzen und demzufolge sehr beweglich sind. Sie können - ohne zu desorbieren - ein zweidimensionales Oberflächengas bilden, das im Gleichgewicht mit den in den 2D-Inseln kondensierten Cu-Atomen steht. So besteht die Möglichkeit, daß die Cu-Atome entweder aus dem 2D-kondensierten oder 2D-gasförmigen Zustand heraus desorbieren, und die Lage der Desorptionsmaxima hängt offensichtlich von dem vorgelagerten Phasengleichgewicht ab. Genau dies erscheint uns als Ursache für die ungwöhnliche Verschiebung des Desorptionsmaximums im Submonolagenbereich. Die Problematik von der Desorption vorgelagerten Phasenbergängen wurde im übrigen theoretisch in Arbeiten von Nagai und auch experimentell von Nohlen und Mitarbeitern behandelt. Wir haben nun mit Hilfe einer einfachen Auswertung, die auf eine genaue Ermittlung derjenigenDesorptionstemperaturen hinausläuft, bei denen die Abweichungen von der eigentlich zu erwartenden nullten Ordnung eintreten, dieses Phasengleichgewicht in einem vorgegebenen Temperatur - Bedeckungsgradintervall bestimmt und in einem entsprechenden T - Q - Diagramm als Phasengrenzlinie kenntlich gemacht. Die Abweichungen von der nullten Ordnung lassen sich so erklären, daß mit zunehmender Temperatur die in den Inseln gebundenenTeilchen nicht mehr nur desorbieren, sondern zunächst in die 2D-Gasphase übertreten können. Dies verringert aber die Desorptionsrate, die demzufolge bei weiterer Temperaturerhöhung nicht mehr so stark ansteigt wie zuvor, was zu einem Abknicken der Desorptionskurve führt.
Mit Hilfe unserer Auswertungsmethode kann man die kritische Temperatur Tcrit grob zu etwa 1120 K und den kritischen Bedeckungsgrad zu 0.48 ML abschätzen. Dies sindtypische Werte für entsprechende Phasenübergänge, wie frühere Arbeiten von Bauer zeigen. Nach theoretischen Überlegungen von Nagai und Bauer kann man unter Anwendung der einfachen Molekularfeld-Näherung aus der kritischen Temperatur auf die laterale Wechselwirkungsenergie der Adatome zurückschließen, die gemäß EWW= 4RTcrit/c miteinander verknüpft sind. Mit unserem Wert für Tcrit gelangen wir so zu EWW = 6.2 kJ/Mol, was etwa 2% derDesorptionsenergie entspricht. Auch dieser Wert liegt im Rahmen dessen, was für andere Systeme, etwa Cu/W(110) oder Cu/Mo(110), gefunden wurde.
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