Das System Ag/Re(0001)
Dr. Dirk Schlatterbeck, Dr. Manfred Parschau, Ronald Wagner

Wir haben dieses System vor dem Hintergrund, Silber später als eine Komponente bei binären Ag-Pd-Legierungen einzusetzen, sowohl in bezug auf Keimbildung, Wachstum und Morphologie als auch im Hinblick auf die Energetik der Ag - Re -Wechselwirkung mit verschiedenen Methoden ausführlich untersucht. Dabei ergab sich immer wieder, daß die Ag-Re- Wechselwirkung sehr schwach ist; weder konnten wir Austauschprozesse im Oberflächenbereich nachweisen, wie sie z.B. bei Ag/Rh(100) oder Ag/Pt(111) gefunden wurden, noch trat Legierungsbildung zwischen Re und Ag ein.

Es wurden dünne Silberfilme auf der Re(0001)- Oberfläche durch Aufdampfen bei 300, 400 und 600K präpariert. Diese Filme wurden mittels Beugung langsamer Elektronen (LEED) und Rastertunnel- Mikroskopie (RTM) untersucht.

Bei einer Temperatur von T=300K wachsen Silberatome heterogen an jeder monoatomaren Re- Stufenkante auf. Durch eine diffusionslimitierte Aggregation entstehen dendritische Silberinseln, welche zusammenlaufen und bei entsprechendem Bedeckungsgrad ( 1ML) einen fast vollständigen Film ausbilden. Etwas höhere Bedeckungen führen zu verdichteten Silberschichten, die einem vergrößerten Interlagen- Massentransport zuzuschreiben sind, der durch niedrige Schwoebel-Barrieren in der zweiten Lage verstärkt wird.

Bei T>400K wachsen Ag- Atome nur an jeder zweiten monoatomaren Stufenkante auf, was eine Bevorzugung der Formation von (111)- Mikrofacetten und eine erhöhte Mobilität der Silberatome senkrecht zu den Stufenkanten anzeigt. Im Vergleich mit der Situation bei T=300K werden kompaktere und stärker geordnete Lagen gebildet, woraus ein deutliches Lagenwachstum (Frank-van-der-Merwe-Typ) resultiert, allerdings mit einer stark lagenabhängigen Morphologie.

In der ersten Monolage wächst Ag pseudomorph auf. Uniaxial expandierte Reihen, die in der zweiten Lage gebildet werden, sind im STM als Moirè-Strukturen und in LEED durch Überstrukturen sichtbar. Diese Strukturen erscheinen für die dritte und vierte Lage bei T>400K. Ab der fünften Lage ist der Ag-Re- Gittermisfit von 4.7% praktisch überwunden, und es tritt ein klar epitaktisches Wachtum von (111)- Silber- Kristalliten ein.

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Die pseudomorphe erste Lage von Ag, präpariert bei 600K (39Å x 39Å; I=2,58nA; U=1mV) STM–Aufnahme der uniaxial expandierten Struktur der zweiten Ag–Lage (100Å x 100Å; I=0,82 nA; U=13mV; 600K) STM–Aufnahme eines Ag–Films mit einer nominellen Bedeckung von 2,5 ML. In der linken Hälfte ist die zweite, in der rechten die dritte Lage zu sehen. (1030Å x 1030Å; I=0,21nA; U=45mV) STM–Aufnahme der Struktur der dritten und vierten Ag–Lage mit typischen Dislokations- Domänen- Strukturen (660Å x 660Å; I=0,15nA; U=61mV; 600K)

TD-SpektrenEnergetik und Kinetik des Systems wurden mittels Thermodesorptions- Spektroskopie (TDS), Röntgen- Photoelektronen-Spektroskopie (XPS) und Messung der Änderung der Elektronen- Austrittsarbeit(Df) untersucht. Die Ausbildung von drei individuellen Ag- Schichten wird im TDS durch drei Desorptionsmaxima b3 (zwischen 950 und 1010K), b2 (zwischen 900 und 960K) und b1 (zwischen 870 und 970K) sichtbar. Mit Ausnahme des kleinen Bedeckungsgradbereiches, in dem die Desorption einer ersten Ordnung folgt, gehorcht die Ag- Desorption einer Kinetik nullter Ordnung.

Für die ersten zwei Lagen steigt die Desorptionsenergie annähernd linear mit Q von etwa 250kJ/mol bei Q=0.05ML bis etwa 290kJ/mol an, was starke attraktive Ag-Ag- Wechselwirkungen anzeigt. Von Q=0.5ML bis Q=1ML wächst die Desorptionsenergie nur um etwa 10kJ/mol. Ein ähnliches (aber weit weniger ausgeprägtes) Verhalten wurde für die zweite Monolage beobachtet. Eine detaillierte Kurvenformanalyse der Submonolagen- TD- Spektren weist auf ein Phasengleichgewicht zwischen Silberatomen, die in kondensierten Inseln lokalisiert sind, und individuellen mobilen Silberatomen (2D- Gasphase) hin.  
Das Fehlen einer energetischen Verschiebung der Rumpfniveaus von Ag und Re im XPS unterstreicht die Schwäche der chemischen Ag-Re-Wechselwirkungen. Zwei Schichten Ag erniedrigen die Austrittsarbeit der Re(0001)-Oberfläche um etwa 750meV, mit einem flachen Minimum in der Nähe der zweiten Monolage.


D. Schlatterbeck, „Energetik, Kinetik und Struktur beim Wachstum dünner Silber- und Kobaltfilme auf einer Rhenium(0001)-Oberfläche“, Inaugural-Dissertation, FU Berlin, 1998


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