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3. Silber+Gold-Legierung auf Re(0001)

Ebenso wie die Ag+Cu-Filme wurden Ag+Au-Filme durch kumulatives Aufdampfen der Adsorbatmetalle aus separaten Knudsenzellen hergestellt. Die LT-Filme, die in den LEED-, AES- und DF-Messungen untersucht worden sind, wurden bei 300 K präpariert und im Laufe der Messungen bis kurz unter die Desorptionstemperatur des Silbers auf 800 K erhitzt, um HT-Filme zu erhalten. Es wird davon ausgegangen, daß sich solche Filme im thermodynamischen Gleichgewicht befinden und ihre Eigenschaften nicht mehr von der Temperatur abhängen (was, wie schon beim Ag+Cu-System durch Test-TD-Spektren von Proben verifiziert werden konnte, bei denen erst Ag und dann Au aufgedampft wurde). Deshalb war es auch bei diesen Filmen nicht entscheidend, in welcher Reihenfolge die Adsorbate aufgebracht wurden, und es wurde immer zuerst Au, dann Ag adsorbiert.

Die Tatsache, daß die Desorptionstemperaturbereiche von Ag und Au bei der gewählten Heizrate von 4,1 K/s immerhin etwa 50 K voneinander getrennt liegen, ermöglichte es, eine komplette Ag-TD-Serie von etwa 20 Spektren mit einem nur einmal präparierten Goldfilm durchzuführen. Bei TDS-Kontrollmessungen im Desorptionsbereich des Ag konnte kein Au nachgewiesen werden. Trotzdem kam es zu einem Verlust an Gold von etwa 10 % während der Messung einer TD-Serie. (Deshalb beziehen sich die Angaben zum Gold-Bedeckungsgrad auf die Situation, die sich nach der Messung einer halben Serie, also ca. 10 Spektren, eingestellt hatte.)

Der Ag-Bedeckungsgrad wurde mittels TDS anhand von mitgemessenen Vergleichsspektren des Systems Ag/Re(0001) ermittelt. Die Gold-TD-Spektren der untersuchten Proben unterschieden sich nicht von denen des "reinen" Systems Au/Re(0001), was zeigt, daß die Au-Desorption nicht durch (ursprünglich) koadsorbiertes Silber beeinflußt wird.

 

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3.1. TDS-Untersuchungen

3.1.1. Spektrenformanalyse der Subbilagen

Wie schon in Kap. 2.1 angeführt und in Kap. C 2 beschrieben, ist das System Ag/Re(0001) in seinem Desorptionsbereich durch ein zweidimensionales Phasengleichgewicht zwischen kondensierten und zweidimensional frei beweglichen Ag-Atomen gekennzeichnet. Dies hat zur Folge, daß die Desorptionskinetik der Adteilchen der ersten Lage von diesem Phasengleichgewicht beeinflußt wird. Solange das Gleichgewicht besteht, wird eine Desorptionsordnung von Null beobachtet, die sich in der Ausbildung einer gemeinsamen Anstiegsflanke des zugehörigen Ag-Desorptionszustandes b 3 äußert.

Das zweidimensionale Phasengleichgewicht ist natürlich von der Konzentration der entsprechenden Ag-Phasen (2D-Gas und 2D-Inseln) abhängig, und sollte damit empfindlich auf die Existenz und Reinheit dieser beiden Komponenten reagieren.

Durch die Beimengung eines zweiten Stoffes, im hier untersuchten Fall Gold, wird das chemische Potential dieser Phasen stark verändert. Dies hat zur Folge, daß auch der aus dem Gleichgewicht resultierende Phasenübergang, die zweidimensionalen Verdampfung des Silbers, verändert oder sogar inhibiert wird. Das beeinflußt wiederum die Desorptionskinetik. Bei fehlendem 2D-Phasengleichgewicht sollte sich eine Desorptionsordnung von n = 1 einstellen, was bedeutet, daß die Rate proportional zur Konzentration der desorbierenden Teilchen ist. Das verändert natürlich die Form der Desorptionsspektren, die nun nicht mehr eine gemeinsame Anstiegsflanke besitzen, sondern Temperaturmaxima aufweisen, die bei einer konstanten Temperatur liegen.

Insofern kann die Form der TD-Spektren als Mittel benutzt werden, um zu entscheiden, ob Silber und Gold auf der Re(0001)-Oberfläche im Temperaturbereich der Ag-Thermodesorption mischen oder separate reine Inseln ausbilden. Zu diesem Zweck wurden Ag-TD-Serien mit Anfangsbedeckungsgraden von bis zu 1 ML von solchen Proben aufgenommen, die mit unterschiedlichen Mengen Gold (0 ... 1 ML) vorbelegt waren. Die Ergebnisse der Messungen der Ag-Desorption sind in Abb. D 19 dargestellt.

Bereits in der Serie mit dem kleinsten Goldbedeckungsgrad von 0,18 ML ist zu erkennen, daß es nicht mehr zur Ausbildung einer gemeinsamen Anstiegsflanke kommt, sondern daß innerhalb einer Serie alle Temperaturmaxima des HT-TD-Zustandes in einem recht engen Temperaturintervall (von 1050 bis 1080 K) liegen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Wandelt et al. bei Untersuchungen am System Ag+Au/Ru(0001) [MDN88/1]. Das Temperaturmaximum liegt dort im Bereich von 990 bis 1030 K.

Abbildung D19
Abbildung D19  Ag-TD-Serien mit konstantem Au-Bedeckungsgrad und Ag-Anfangsbedeckungsgraden von bis zu etwa 1 ML, Heizrate b = 4,1 K/s. Zoom-pic Zoom-pdf

Wie schon mehrfach ausgeführt, sollte eine gemeinsame Anstiegsflanke (zumindest ab etwa 0,1 ML Ag) die Existenz von Ag-Inseln widerspiegeln, wie dies ja auch in der Serie mit Q (Au) = 0 ML tatsächlich der Fall ist. Wie anhand der rot eingezeichneten Spektren, die einen Gesamtbedeckungsgrad (mit Ag und Au) von Qges = 1 ML kennzeichnen sollen, zu erkennen ist, kommt es bei Proben mit Filmdicken Qges  > 1 ML zur Entstehung eines zweiten Desorptionszustandes. Dessen Maxima verschieben sich innerhalb einer Serie um jeweils ca. 50 K zu höheren Temperaturen. Allerdings bildet sich auch bei diesem Zustand nie eine gemeinsame Anstiegsflanke aus. Daß sich noch ein dritter Zustand als LT-Schulter des zweiten entwickelt, kann bei den Serien mit 0,86 und 0,93 ML erkannt werden. Dieser Zustand bildet sich ab einem Gesamtbedeckungsgrad von 2 ML.

Abbildung D20
Abbildung D20  Ag-TD-Serien mit konstanten Ag-Anfangsbedeckungsgraden und Au-Bedeckungsgraden von bis zu 1 ML, Heizrate b = 4,1 K/s. Zoom-pic Zoom-pdf

Wie schon bei den Systemen Ag+Cu/Re(0001) (Kap. 2.1), Ag+Au/Ru(0001) [MDN88/1] und Au+Cu/Ru(0001) [KPS91/1] vergrößert sich der zweite, der LT-TD-Zustand quantitativ zuungunsten des HT-Zustandes, wenn der Goldbedeckungsgrad vergrößert wird. In Abb. D 20 ist dieser Effekt dadurch verdeutlicht worden, daß aus den Daten von Abb. D 19 neue Spektrenserien gebildet wurden, die jeweils einen konstanten Bedeckungsgrad von Silber besitzen (0,25; 0,5; 0,75 und 1,0 ML) aber unterschiedliche Bedeckungsgrade von Gold.

Wie schon beim Ag+Cu-System scheinen auch hier lediglich die vom Gold frei gelassenen Adsorptionsplätze der ersten Lage von Ag-Atomen besetzt werden zu können. Wird weiteres Silber adsorbiert, so daß ein Gesamtbedeckungsgrad von 1 ML überschritten wird, kommt es nicht zum Austausch von Silber und Gold, sondern das überschüssige Silber wird allein in die zweite Lage eingebaut. Im Extremfall, mit Q (Au) = 1 ML, kommt es zur völligen (Lagen-) Separation der beiden Metalle, wie es von Wandelt et al. auch beim System Au+Cu/Ru(0001) beobachtet wird [KPS91/1].

Auffällig in Abb. D 20 ist, daß sich die Temperaturmaxima vergleichbarer Ag-Spektren in den verschiedenen TD-Serien mit zunehmendem Au-Bedeckungsgrad zu höheren Temperaturen verschieben. Dieser Effekt ist in Abb. D 21 a noch einmal separat dargestellt und mag auf attraktive Au-Ag-Wechselwirkung hinweisen [SCK93/1], deren Betrag die Ag-Ag-Wechselwirkung u. U. übertrifft. Die starke Verschiebung des Temperaturmaximums bei Q (Au) = 0 ML kann auf die Form der Spektren der Desorption des "reinen" Silbers (mit nullter Desorptionsordnung) zurückgeführt werden. Die Änderung der Desorptionsordnung auf n = 1 ist in dem Zusammenfallen aller Graphen im Bereich von 0,2 bis 0,4 ML zu erkennen.

Abbildung D21
Abbildung D21 a)  Verschiebung des Temperaturmaximums, b) Verschiebung der Halbwertsbreite FWHM des Ag-TD-Zustandes der ersten Lage als Funktion des Au-Bedeckungsgrades der Spektren aus Abb. D 20 Zoom-pic Zoom-pdf

Besonders bei den Ag-Bedeckungsgraden von 0,25 und 0,5 ML kommt es zu einem konstanten Verlauf des Temperaturmaximums ab etwa 0,5 ML Au. Diese Beobachtung könnte darauf hinweisen, daß ab 0,67 ML (beim Auftreten von Inseln und freier Substratoberfläche schon früher) und einer optimalen, d. h. atomaren Durchmischung von Ag und Au jedes Ag-Atom nur Au-Atome als nächste Nachbarn hat. Eine stärkere Au-Ag-Bindung als die Ag-Ag-Bindung vorausgesetzt, wäre dies der für die Ag-Atome energetisch günstigste Zustand, der sich auch mit zunehmenden Au-Bedeckungsgrad nicht mehr ändert.

In der Darstellung der Halbwertsbreite (full width at half maximum - FWHM) der Ag-TD-Spektren des Zustandes der ersten Lage in Abb. D 21 kann eine Peakverbreiterung von etwa 30 K im Bereich bis 0,4 ML Au beobachtet werden. Auch dieser Effekt spiegelt die ansteigenden attraktiven lateralen Wechselwirkungen mit zunehmender Zahl an Au-Nachbaratomen für das Silber [SRH94/1] durch eine kontinuierliche Legierungsbildung [KPS91/1] sowie das Vorhandensein mehrerer Desorptionszustände [MDN88/1] bzw. eine zunehmende energetische Heterogenität wider.

Daß sich das Temperaturmaximum des Zustandes der zweiten Lage mit zunehmendem Au-Bedeckungsgrad zu höheren Temperaturen verschiebt, nämlich von 950 auf 1060 K, ist vermutlich auf die erhöhte Koordination der Silberatome in der zweiten Adlage zurückzuführen. Aber auch die (Paar-) Wechselwirkung von Ag-Atomen in der zweiten zu Adatomen der ersten Lage, die (mit dem Ansteigen von Q (Au)) immer mehr aus Gold besteht, erhöht sich.

Die Desorptionsisothermen, die aus den TD-Serien aus Abb. D 19 entsprechend Kap. A 4.4 berechnet wurden, unterscheiden sich in der Form nicht von denen des Systems Ag+Cu/Re(0001). Sie besitzen ebenfalls eine konstante positive Steigung, die nur jeweils bei Q (Cu+Ag) = 1 ML durch einen Bereich des Lagenübergangs unterbrochen wird. Aus den daraus errechneten order plots kann für die einzelnen Bereiche eine Desorptionsordnung von n = 1 entnommen werden.

 

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3.1.2. Energetik der Ag+Au-Subbilagen

Obwohl die integrale Energieauswertung der TD-Spektren nach Bauer/Schlatterbeck auf Grund der multiplen TD-Zustände beim System Ag+Au/Re(0001) nicht trivial ist (wie bereits beim System Ag+Cu/Re(0001) bemerkt), ist es doch möglich, durch sie Informationen über physikalische Eigenschaften zu erhalten. Zur Anwendung auf das Ag+Au-System wurden zuerst aus den TD-Serien, äquivalent zur Berechnung der Isothermen, die Desorptionsisosteren bestimmt. Diese sind in Abb. D 22 als Arrhenius-plots, d. h. in der Form der logarithmierten Rate über der reziproken Temperatur dargestellt. Bis zu einem Au-Bedeckungsgrad von 0,5 ML sind die sich ergebenden Graphen ausgesprochen linear. Es sollte also möglich sein, aus deren Anstieg relativ aussagekräftige Werte für die Desorptionsenergie zu erhalten.

Abbildung D22
Abbildung D22  Arrhenius-plots des Systems Ag+Au/Re(0001) für die Ag-TD-Serien aus Abb. D 19 Zoom-pic Zoom-pdf

Eine interessante Analogie ergibt sich zwischen den Serien mit 0,65 und 0,86 ML Au zu der Serie mit 0,63 ML Cu des Systems Ag+Cu/Re(0001) (Abb. D 12). Der Bereich von 0,3 bis 0,5 ML ist durch Abweichungen vom linearen Verlauf gekennzeichnet, die eventuell dem Interlagen-Übergang zugeordnet werden können, da es sich in etwa um den Bereich handelt, bei dem der Gesamtbedeckungsgrad von Qges = 1 ML überschritten wird.

Allerdings spielt hier sicherlich auch der schon oben erwähnte systematischen Fehler bei dem hier kleinen (und damit ungünstigen) Verhältnis von Q(Ag) / Q(Cu) eine Rolle. In der Serie mit 0,93 ML Au ist der Bereich bis 0,4 ML Ag für die energetische Auswertung wegen des Auftretens dieses Fehlers überhaupt nicht geeignet, was sich auch in den sehr starken Schwankungen der Arrhenius-plots dokumentiert.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß für Gesamtbedeckungsgrade unterhalb 1 ML (bis auf die Serie mit 0,93 ML) relativ aussagekräftige Werte erhalten werden können. Oberhalb 1 ML gilt dies nur für die Serien bis 0,5 ML Au.

In völliger Analogie zum System Ag+Cu/Re(0001) läßt sich der Verlauf der Desorptionsenergie mit dem Ag-Bedeckungsgrad im Bereich bis 0,65 ML Au und bis zu einem Gesamtbedeckungsgrad von 1 ML beschreiben. Wie in Abb. D 23 zu erkennen ist, nimmt in den Spektren mit diesem Au-Bedeckungsgradbereich die Desorptionsenergie des Silbers als Funktion des Silberbedeckungsgrades solange ab, bis ein Gesamtbedeckungsgrad von 1 ML, der durch eine rote Linie gekennzeichnet ist, erreicht wird. Die Änderung von Edes beträgt dabei ca. 100 kJ/mol.

Dies kann wiederum damit erklärt werden, daß die Möglichkeit, daß ein Ag- Atom einen Au-Adsorptionspartner findet, mit zunehmender Bedeckung kleiner wird. Dies resultiert, wie schon in Kap. 2.1 beschrieben, daraus, daß die ständig steigende Zahl von Silberatomen nur eine konstante Zahl von Au-Atomen als Adsorptionspartner zur Verfügung hat. Wie schon beim Cu+Ag-System scheint auch hier der zunehmenden Koordination der Silberatome (die beim System Ag/Re(0001) zu einem leichten Anstieg der Desorptionsenergie führen sollte, vgl. Spektrum mit Q(Au) = 0 ML) nur eine untergeordnete Rolle zuzukommen. Einen viel größeren Einfluß scheint der Gesamtenergiegewinn bei der Legierungsbildung zu haben, vgl. Kap. 4.4.1.3 bzw. der Umstand, daß zunehmend Au-Koordinationspartner durch Ag-Atome ersetzt werden (eine stärkere Bindung der Paare AgAu im Hinblick auf AgAg vorausgesetzt).

Daß die Minima nicht immer genau bei Q (Ag+Au) = 1 ML liegen, kann (oder wird wahrscheinlich) am Fehler im Au-Bedeckungsgrad liegen. Für die dünnen durchgezogenen Linien ist er berücksichtigt worden. Der Anstieg der Desorptionsenergie nach dem Durchlaufen des Minimums bei der Gesamtbedeckung von 1 ML läßt sich wie bei Kap. 3.1.2 mit der zunehmenden Ag-Ag-Koordination in der zweiten Lage erklären.

Ab einem Au-Bedeckungsgrad von 0,67 ML ist bei einer homogenen Mischung auf atomarer Ebene wieder jedes Ag-Atom vollständig von Au-Atomen umgeben. Diese Konfiguration sollte energetisch besonders günstig sein, wenn man voraussetzt, daß die Wechselwirkung der Ag-Atome mit den Au-Atomen stärker ist als die Ag-Ag-Wechselwirkung.

Für die Energiespektren mit 0,86 ML bzw. 0,93 ML Au beträgt ab einem Gesamtbedeckungsgrad von 1,45 ML bzw. 1,35 ML aufwärts die Desorptionsenergie konstant 300 kJ/mol. Dies scheint der Wert zu sein, der der Desorption der Ag-Atome zuzuordnen ist, die sich in der zweiten Lage auf einer fast nur aus Gold bestehenden ersten Adlage befinden. (Im anfänglichen Ag-Bedeckungsgradbereich kann der Verlauf von Edes wegen des zu großen, inhärenten Fehlers in der Bestimmung des Au-Bedeckungsgrades und auch wegen Komplikationen durch den Lagenübergang nicht interpretiert werden.)

Abbildung D23
Abbildung D23  Desorptionsenergie des Systems Ag+Au/Re(0001) für die Ag-TD-Serien aus Abb. D 19 nach Bauer Zoom-pic Zoom-pdf

Zum Vergleich können Literaturangaben für das System Ag+Au/Ru(0001) von Wandelt et al. herangezogen werden, die durch MC-Rechnungen Werte für die verschiedenen systembeschreibenden Größen (laterale Wechselwirkungsenergien und Bindungspotentiale) gefunden haben. (Wegen der verwendeten Gittergasnäherung mit BWA-ähnlichen Ansätzen können die Elat-Werte durchaus auf das hier betrachtete System übertragen werden.)

 

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3.1.3. Multilagen

Werden größere Mengen (Multilagen) Ag oder Au adsorbiert, kommt es zur Ausbildung mehrerer neuer Bindungsplätze, die aus der zunehmenden Durchmischung von Au und Ag sowie aus möglichen morphologischen Änderungen des Films resultieren. Die zugehörigen Zustände können in den TD-Untersuchungen z. T. aufgelöst werden, und man erhält Spektren, die eine Vielzahl solcher Zustände beinhalten.

Um einen Überblick zu erhalten, wurden TD-Spektren unterschiedlicher Ag+Au-Legierungsfilme aufgenommen, die in Abb. D 24 mit den dazugehörigen layer plots dargestellt sind. Dabei wurden drei verschiedene Serien untersucht, in denen das Verhältnis der Mengen von Ag und Au variierte: Es handelte sich um Filme, die entweder mit

Um die Vielzahl der einzelnen Zustände deuten zu können soll zunächst überlegt werden, welcher Filmaufbau für die Ausbildung unterschiedlicher TD-Zustände in Frage kommt. Dabei können bestimmte Anordnungen auf Grund der bisherigen Erkenntnisse ausgeschlossen werden. Mit diesen Vorüberlegungen, die z. T. schon in vorangehenden Abschnitten erläutert wurden und hier ohne nochmaligen Beweis vorausgesetzt werden sollen, wird es möglich sein, allen beobachteten TD-Zuständen Bindungsplatz-Kategoreien zuzuordnen.

Wie bereits beim Ag+Cu-System konnten wegen der geringen Anzahl von Spektren pro Zustand z. B. keine spezifischen Desorptionskinetiken berücksichtigt werden, so daß sich aus den gewonnenen Erkenntnissen bei jeder Zuordnung eines Zustandes zu einem Bindungsplatz zwar sehr konkrete Hinweise, aber nicht zwingend ein 100%-iger Beweis ergibt.

Ag und Au mischen im Zwei- und im Dreidimensionalen. Aus dem Zustandsdiagramm des Systems Au+Ag, vgl. Abb. A 1, wird klar, das Gold und Silber im Volumen unbegrenzt mischbar sind. Auch im Bereich bis zu einem Gesamtbedeckungsgrad von 2 ML konnte die Mischung der beiden Stoffe auf atomarer Ebene im Kap. 3.1.1 nachgewiesen und durch Literaturzitate bestätigt werden.

Mit Q (Au) > 1 ML bildet sich eine Au-Lage in direktem Kontakt zum Re aus, die das Ag von der Re-Oberfläche distanziert. Auch dieser Umstand wurde experimentell in Kap. 3.1.1 nachgewiesen. Genau wie die Cu-Atome beim System Ag+Cu ordnen sich so viele Au-Atome direkt auf der Substratoberfläche an, bis diese vollständig mit Gold bedeckt ist. Dies resultiert aus der gegenüber Ag stärkeren Bindungsenergie des Au zur Re-Oberfläche und hat zur Folge, daß Ag-Atome in höhere Lagen verdrängt werden.

Ag-Atome sind um so fester gebunden, je näher sie der Re-Oberfläche sind. Dies läßt sich in völliger Analogie zum System Ag+Cu/Re(0001) aussagen. Ebenfalls gilt, daß die Zustände der ersten Lage bei höchsten, die der Multilage bei niedrigsten Temperaturen erwartet werden. Wegen der stärkeren Bindung der Ag-Atome zu Au-Nachbaratomen als zu weiteren benachbarten Ag-Atomen, wird diese erste Einteilung der Abfolge der Zustände durch einen Abfall der Temperatur des Desorptionsmaximums mit der Reihe (Ag+Au)/Au > Ag/Au > Ag/(Ag+Au) überlagert. Dieser Effekt wirkt sich sowohl innerhalb einer Adlage, als auch zur darunter liegenden Lage aus.

Die drei Voraussetzungen ermöglichen die Unterscheidung in drei prinzipielle Zustandsarten:

Mit dieser Einteilung können den drei Kategorien nun konkrete Desorptionszustände zugeordnet werden. Im Fall der ersten Adlage können d-Zustände und der a*-Zustand per Definition nicht auftreten, weil es keine "unterliegende" Au- bzw. Ag+Au-Lage gibt. Möglich ist somit bei Abwesenheit von Au der b3-Zustand, sowie der g3-Zustand, bei einer Mischung aus Ag und Au auf der Re-Oberfläche. Beide Zustände sind bereits in Abb. D 19 als HT-Zustand dargestellt, wobei b3 mit einsetzender Au-Bedeckung in g3 übergeht.

Im Bereich der Subbilagen kommen zu den vorgenannten Zuständen drei weitere mögliche Anordnungen dazu, aus denen Ag-Atome desorbieren können: Für die Desorption von Ag-Atomen, die sich auf einer ersten Legierungslage aus Ag und Au bzw. auf einer reinen Au-Lage befinden, sind zwei d-Zustdnde denkbar, d1 bzw. d2. Der d1-Zustand ist als der LT-Zustand in Abb. D 19 sichtbar. Auf einer geschlossenen Au-Lage kann sich weiterhin eine Legierungsschicht ausbilden, wenn mehr als 1 ML Au und entsprechend weniger als 1 ML Ag vorhanden sind. Dieser Zustand wird mit g2 bezeichnet und stellt wegen der großen Anzahl von Au-Bindungspartnern offenbar den stabilsten Zustand der zweiten Lage dar.

Geht man in den Bereich der Multilagen über, sollte der Legierungszustand g2 auch weiterhin sichtbar sein. Wegen der dreidimensionalen Mischbarkeit von Ag und Au ist dieser Zustand jetzt kein Lagen- sondern ein Multilagenzustand. Bei dem zugehörigen Film handelt es sich um eine dicke Legierungsschicht (³ 2 ML). Dieser Multilagen-Legierungszustand weist mit Sicherheit andere Eigenschaften auf, als der g2-Zustand und wird deshalb mit g1 bezeichnet. Nicht auszuschließen ist, daß sich innerhalb des Legierungsfilms ein Konzentrationsgefälle aufbaut, was zur zusätzlichen Unterscheidung von g2 und g1 führt. Ganz deutlich wird dieser Unterschied bei der Desorption aus dem Multilagenfilm, wo durch die Entfernung von Ag den verbleibenden Ag-Atomen immer mehr Au-Koordinationspartner zur Verfügung stehen. Letztlich kann im Multilagenbereich der a*-Zustand sichtbar sein, wenn sich sehr viel Ag auf einer Au-Lage befindet.

In der folgenden Tabelle sind noch einmal die diversen Desorptionszustände mit den zugehörigen Filmzusammensetzungen und dem Bedeckungsgrad der Komponenten angegeben. M steht dabei für Multilagen und ist eine natürliche Zahl größer als 2. Die fett gekennzeichneten Bestandteile überwiegen in der Mischung.

Name des Zustands Lage Aufbau des Films, aus dem Ag desorbiert Q (Au) [ML] Q (Ag) [ML] in Abhängigkeit von Q (Au)
g3 1 (Ag+Au)/Re 0 < Q (Au) < 1 0 < Q (Ag) < 1-Q  (Au)
b3 1 Ag/Re Q (Au) = 0 0 < Q (Ag) < 1
g2 2/M (Ag+Au)/(M) Au/Re 1 < Q (Au) < M 0 < Q (Ag) < M-Q (Au)+1
d2 2 Ag/Au/Re Q (Au) = 1 0 < Q (Ag) < 1
d1 2 Ag/(Ag+Au)/Re 0 < Q (Au) < 1 0 < Q (Ag) < 2-Q (Au)
g1 M M (Ag+Au)/Au/Re 1 < Q (Au) < M 0 < Q (Ag) < M-Q (Au)+1
a* M M Ag/Au/Re Q (Au) = 1 1 < Q (Ag) < M

In Abb. D 24 a sind Ag-TD-Spektren für Filme dargestellt, die sich bei der Adsorption unterschiedlicher Mengen Ag und 1 ML Au ergaben. Man kann sagen, es handelt sich um unterschiedlich dicke Ag-Filme auf Au/Re(0001) (Eingangs wurden ja schon die Entmischungsvorgänge bei Ag+Au-Mischungen mit Q(Au) £ 1 ML beschrieben.). Der Hauptzustand des Spektrums ist der a*-Zustand, der große Ähnlichkeit zum a-Zustand des Systems Ag/Re(0001) aufweist.

Abbildung D24
Abbildung D24  Ag-TD-Spektren und dazu gehörige layer plots des Systems Ag+Au/Re(0001), b  = 4,1 K/s, a) Proben mit 1 ML Au und unterschiedlichen Ag-Anfangsbedeckungsgraden, b) Proben bis zu einem Gesamtbedeckungsgrad von bis zu 2,4 ML und gleichen Mengen Ag und Cu, c) Proben mit 1 ML Ag und unterschiedlichen Au-Bedeckungsgraden. Zoom-pic Zoom-pdf

An dessen HT-Schulter bildet sich bei den Spektren mit Q (Ag) > 1 ML ein weiterer Zustand aus, der sein Maximum bei etwa 1 ML Ag hat und somit einem Film aus Ag-Atomen zugeordnet werden müßte, der sich auf einer Lage Au befindet. Im Vergleich mit dem Spektrum mit 1 ML Ag lassen sich jedoch Unterschiede in der Temperaturlage erkennen. Offenbar kommt es während der Desorption doch zu einer Durchmischung der ersten Lage Gold mit dem Silber, was sich auch in der Ausbildung des g3-Zustandes ab 0,3 ML Ag dokumentiert. Es muß sich also um eine Silberschicht auf einem Ag+Au-Film handeln, der mit d1 bezeichnet wird.

Ein reiner Ag-Film auf der Au-Schicht wird nur durch das Spektrum mit 1 ML Ag repräsentiert, was zusätzlich noch eine a*-Schulter an der LT-Seite aufweist. Es kann hier kein Anteil des g3-Zustandes beobachtet werden.

Abb. D 24 b zeigt zwei Ag-TD-Spektren von Filmen, die aus fast gleichen Mengen Au und Ag bestehen. Das TD-Spektrum mit Anfangsbedeckungsgraden von 1,6 ML Ag bzw. Au weist zwei Zustände auf. Beide sind Ag-Atomen zuzuordnen, die aus einem Ag+Au-Legierungsfilm desorbieren, der über eine Goldlage an das Re gekoppelt ist. (Wie an der HT-Schulter zu erkennen ist, kann man auch hier von einer geringfügigen Durchmischung der ersten Goldlage und Silberatomen ausgehen.) Die beiden Zustände unterscheiden sich in der Filmdicke und in der Filmzusammensetzung. Der LT-Zustand g1 gehört zu Ag-Atomen, die sich in der zweiten Lage des Legierungsfilmes (3. ML) befinden, der einen Anteil von 27 bis 67 % Au enthält. Der
HT-Zustand g2 hingegen kann Ag-Atomen aus der ersten Lage des Legierungsfilmes (2. ML) zugeordnet werden, der einen Anteil von 67 bis 100 % Au aufweist.

Das Spektrum mit 2,4 ML Ag bzw. Au ist durch eine Überlagerung von verschiedenen Zuständen gekennzeichnet. Alle drei Zustände des Spektrums mit je 1,6 ML (hauptsächlich g1 und g2, evtl. auch g3) tragen auch mit zu diesem Zustand bei, der durch seine Breite auffällt. In erster Näherung könnte einem Film vorliegen, der aus einer 3,8 ML dicken Legierung mit 40 bis 100 % Au besteht und über eine Au-Lage an das Re gekoppelt ist.

In Abb. D 24 c sind Ag-TD-Spektren dargestellt, die zu Filmen gehören, die aus 1,2 bis 1,3 ML Ag und unterschiedlich großen Mengen Au hergestellt wurden. Das Spektrum mit 0,6 ML Au weist wie die Spektren aus Abb. D 19 und Abb. D 20 den d1- als LT- und den g3- als HT-Zustand auf.

Bei den Spektren mit höheren Au-Bedeckungsgraden kommt es wie schon in Abb. D 24 b zur Ausbildung der g1- und g2-Zustände, die Legierungsfilmen zugeordnet werden, die auf einer Lage Au auf Re adsorbiert sind. Diese sind beim Spektrum mit 1,25 ML Au noch recht gut getrennt. g1 resultiert aus einem 16 bis 45 %-Au-Legierungsfilm in der 3. ML. Nach der Desorption dieser Lage bleibt ein Legierungsfilm der 2. ML übrig, der aus 45 bis 100 % Au besteht und dem der g2-Zustand zugeordnet wird.

Die Spektren mit 2,0 und 5,7 ML Au haben ungefähr den gleichen verbreiterten Verlauf. (Eventuell zeichnet sich an der LT-Flanke eine Schulter ab.) Sie werden allerdings durch den g2-Zustand dominiert. Daraus kann geschlußfolgert werden, daß sich g1 und g2 nicht hauptsächlich in der Schichtdicke als viel mehr im Au-Gehalt der Legierungsschicht unterscheiden. Diese besteht beim Spektrum mit 2,0 ML Au aus 45 bis 100 % Au und beim Spektrum mit 5,7 ML Au aus 80 bis 100 % Au.

 

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3.2. LEED- und LEED-(I,V)-Messungen

Wie in Teil C beschrieben, erhält man zwar für Submono- und Monolagenfilme der Systeme Ag/Re(0001) (Kap. C 2.2.1) und Au/Re(0001) (Kap. C 3.2.1) keine LEED-Überstrukturreflexe wohl aber für dickere Ag- bzw. Au-Filme: Für 1 ML < Q (Ag) < 10 ML bzw. Q (Au) » 8 ML werden Überstrukturen sichtbar, deren Periodizität etwa 1/18 (1/15) der Re-Grundgitterreflexe entspricht. Sie werden auf ein- oder zweidimensionale Wellungen sowie auf Dislokationsstrukturen der Ag- bzw. Au-Adsorbatschicht zurückgeführt.

Bei Au+Ag-Filmen wird bis zu einem Gesamtbedeckungsgrad von 1 bis 3 ML im LEED-Bild keine Überstruktur beobachtet. Es kommt lediglich zu einer Aufhellung des Untergrundes und zu einer Verbreiterung der Grundgitterreflexe des Rheniums. Bei einem Bedeckungsgrad von 4 ML eines 1:1-Ag+Au-Legierungsfilmes entsteht jedoch aus diesen unscharfen Grundgitterreflexen eine unscharfe (15 x 15)R30°-Überstruktur, s. Abb. D 25, die sich von der Symmetrie her mit der Ag-(15 x 15)R30°-Überstruktur aus Abb. C 18 b und von der Qualität her mit der Au-(19 x 1)R30°-Überstruktur aus Abb. C 28 vergleichen läßt.

Inwieweit es sich um die gleiche Überstruktur wie aus Abb. C 18 c handelt, bei der die (18 x 18)-Überstrukturreflexe nicht aufgelöst werden können, bleibt fraglich. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, daß die Morphologie des Ag+Au-Legierungsfilms ein Intermediat von der Silber- auf die des Goldfilmes widerspiegelt. Wie dort können entweder ein- oder zweidimensionale Strukturen vorliegen. Der Film ist möglicherweise relativ zerklüftet und weist eine schlechte Fernordnung auf. Dem gegenüber stehen STM-Untersuchungen, in denen innerhalb der ersten Lage Ag/Au(111) diffusionsbestimmtes Wachstum zu einer flachen Oberfläche führt [ChW91/1] und sich ein FM-Film bildet [CFS81/1].

Abbildung D25 Abbildung D25
Abbildung D25  (15 x 15)R30-LEED-Überstrukturreflexe des Systems Ag+Au/Re(0001) (2 ML Ag + 2 ML Au, HT-Film), 72 eV, a) Originalaufnahme, b) schematisch. Zoom-pic Zoom-pic
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Weitere Informationen über die Zusammensetzung der gemischten Monolage sollten LEED-(I,V)-Messungen liefern. Die in Abb. D 26 dargestellten LEED-(I,V)-Spektren (und Differenzspektren) beziehen sich auf eine Legierungsschicht aus 0.5 ML Ag und 0.5 ML Au sowie das arithmetische Mittel einer 1 ML Ag- und einer 1 ML Au-Schicht. (An dieser Stelle wird auf die Überlegungen verwiesen, die schon im Zusammenhang mit den LEED-Messungen am Ag-Cu-System angestellt wurden, vgl. Kap. 2.3.)

Bei einer Adsorbatschicht, die aus reinen Au- und Ag-Inseln besteht, sollte sich ein LEED-Spektrum ergeben, das dem arithmetischem Mittel der Spektren einer 1,0 ML Au- und einer 1,0 ML Ag-Schicht entspricht. Handelt es sich jedoch bei der Au+Ag-Schicht um eine statistische Mischung, so sollte sich eine einheitliche, neue Verteilung der Adsorbatatome auf der Oberfläche ergeben, deren LEED-(I,V)-Spektrum sich von dem der "entmischten" Schicht unterscheidet. Genau dies ist in Abb. D 26 der Fall. Im Differenzspektrum sind starke Unterschiede der beiden o. a. Spektren sowohl im unteren als auch im Energiebereich bis 400 eV verdeutlicht. Dies führt zu der Schlußfolgerung, daß es sich um eine gut durchmischte Schicht aus Au und Ag handelt.

Abbildung D26
Abbildung D26  LEED-(I,V)-(und Differenz-) Spektren des (0,0)-Reflexes des Systems Ag+Au/Re(0001). Es sind Spektren gegenübergestellt, die sich für einen Film ergaben, der aus 0,5 ML Ag + 0,5 ML Au bestand, im Vergleich zum arithmetischen Mittel eines 1 ML Ag- mit einem 1 ML Au-Film. Zoom-pic Zoom-pdf

 

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3.3. Änderung der Elektronenaustrittsarbeit

Wie schon bei der TDS-Untersuchung der Subbilagen angeführt, scheint es so zu sein, daß es zwar in der ersten Lage Ag+Au zur Legierungsbildung kommt. Ab Q (Au) = 1 ML entmischen sich die Systeme jedoch derart, daß Au, als das Element mit der größeren Bindungsenergie zur Unterlage, die erste Lage füllt. Dies ist besonders interessant, da Ag und Au im Dreidimensionalen unbegrenzt mischbar sind.

Zur weiteren Untersuchung dieses Effektes wurde die Änderung der Elektronenaustrittsarbeit des Systems Au+Ag als Funktion des Mischungsverhältnisses, des Bedeckungsgrades und der Temperatur gemessen. Diese Messungen boten sich deshalb an, weil die Adsorption von Silber auf Rhenium die Austrittsarbeit erniedrigt (vgl. Abb. C 21), die Adsorption von Gold auf Rhenium die Austrittsarbeit jedoch erhöht (vgl. Abb. C 31).

Die Änderung der elektronischen Struktur bei der Wechselwirkung zwischen Silber und Gold sind gering bis vernachlässigbar. Eventuelle Beeinflussungen der Austrittsarbeiten könnten aus einer Ladungskompensation zwischen beiden Elementen [BKS94/1] oder aus der unterschiedlichen Elektronegativität (Ag: 1,93; Au: 2.54) erwachsen.

Die Ergebnisse der Messungen sind in Abb. D 27 dargestellt. Hier ist auf der Ordinatenachse die Änderung der Austrittsarbeit gegenüber der reinen Re(0001)-Fläche aufgezeichnet und auf der Abszissenachse der Fortgang des Experimentes.

Abbildung D27
Abbildung D27  DF-Experiment von ca. 2; 4 und 8 ML dicken 1:1-Ag+Au-Legierungsfilmen auf der Re(0001)-Oberfläche, nach der Kelvinmethode. Dabei wurde einmal erst Ag und dann Au (blau) und einmal erst Au und dann Ag deponiert (orange). Zoom-pic Zoom-pdf

Dieses wurde folgendermaßen durchgeführt: Zunächst wurde eine bestimmte Menge (ca. 1; 2 oder 4 ML) des einen Adsorbats bei 550 K aufgedampft und der erste DF-Meßwert erhalten. Hierauf wurde die Probe auf 750 K etwa 1 min erhitzt und ein weiteres Mal gemessen. Dann wurde dieselbe Prozedur mit der gleichen Menge des anderen Adsorbats wiederholt. Dieses Verfahren wurde sowohl in der Reihenfolge Ag dann Au, als auch Au dann Ag durchgeführt. In Abb. D 27 sind die Ergebnisse der Messungen dargestellt. Abb. D 28 zeigt mögliche Filmmorphologien zur Erklärung der auftretenden Effekte.

Abbildung D28     Abbildung D28
Abbildung D28  Schematische Darstellung der DF-Experimente, bei denen zunächst Ag und dann Au bzw. zunächst Au und dann Ag aufgebracht wurde. Zoom-pic Zoom-pic
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Die Adsorption von 1 ML Ag erniedrigt erwartungsgemäß die Austrittsarbeit. Ein Erhitzen der Probe glättet diesen wie auch alle anderen Filme und führt zu einer leichten Verstärkung der Erniedrigung. Wird jetzt 1 ML Au aufgedampft, so erhöht sich der Wert nur wenig, was den Schluß zuläßt, daß Ag gewissermaßen oben aufschwimmt und das Au direkt den Kontakt mit der Re-Oberfläche sucht. Das Erhitzen verstärkt den Effekt noch etwas.

Das Aufbringen von dickeren Ag-Filmen (2 ML und 4 ML) führt zu einer starken Absenkung der Austrittsarbeit (-0,8 eV), entsprechend der Ergebnisse des Systems Ag/Re(0001), vgl. Kap. C 2.4. Die Adsorption von Au auf diesen Schichten führt nun zu einem Anstieg dieses Wertes um 0,6 eV, was auf eine Durchmischung des Systems und eine jetzt vorliegende Oberfläche hindeutet, die sowohl Ag- als auch Au-Atomen enthält. Werden die Proben erhitzt, verringert sich die Austrittsarbeit wieder etwas, was auf eine Wanderung der Au-Atome aus der obersten Lage zur Re-Oberfläche hinweisen könnte.

Wie im Kap. C 3.4 ausgeführt, erhöht die Adsorption von 1 ML Au auf Re(0001) die Austrittsarbeit um etwa 100 meV. Wird jetzt Ag aufgedampft, sinkt die Elektronenaustrittsarbeit wieder auf den Wert, den die Adsorption einer Lage Ag hervorruft und bleibt auch während des Erhitzens etwa konstant. Es scheint, als ob Ag auch unter diesen Bedingungen oben aufschwimmt.

Bei den Versuchen, bei denen zunächst dickere Au-Schichten adsorbiert wurden, bevor Ag aufgedampft wurde, kommt es jeweils zunächst zu einer leichten Durchmischung, die beim Erhitzen der Probe verstärkt wird. Bei den Versuchen mit 4 ML Ag + 4 ML Au glätten sich beim Erhitzen der Proben die anfänglich wahrscheinlich eher offenen Filme, was sich in einem leichten Anstieg von DF äußert. Ursache ist die Verminderung des Smoluchowski-Effektes (vgl. Kap. A 2.6.2), die die Austrittsarbeit erhöht.

 

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3.4. Auger-Elektronenspektroskopie

Das Verhalten von bis zu 9 ML dicken Au+Ag-Filmen wurde auch mittels Auger-Elektronenspektroskopie (AES) untersucht. In Abb. D 29 sind die Signalintensitäten des stärksten Ag-Signals (M4N3M4,5) für zwei Experimente dargestellt.

Die blau dargestellten Kurven beziehen sich auf ein Experiment, bei dem zunächst ein etwa 1; 2; 4 oder 8 ML starker Ag-Film, danach ein 1 ML starker Au-Film aufgebracht und das Ganze dann auf 610 K, 720 K und 800 K erhitzt wurde. Besonders die Messungen der 4 bzw. 8 ML starken Ag-Filme lassen durch ein Absinken der Intensität eine Bedeckung des Ag-Films mit Au vermuten. Wird dieser Film erhitzt, dringt das Au in das Ag ein (bzw. evtl. durch das Ag bis auf die Re-Oberfläche), und die Ag-Intensität steigt dadurch wieder an.

Abbildung D29
Abbildung D29  Ag M4N3M4,5-AES-Intensitäten für Filme aus 1 ML Ag und unterschiedlichen Mengen Au (orange) sowie 1 ML Au und unterschiedlichen Mengen Ag (blau) im Temperaturbereich von 500 K bis 800 K. Zoom-pic Zoom-pdf

Orange ist das Experiment dargestellt, bei dem zunächst unterschiedlich dicke Au-Filme vorbelegt wurden, auf die dann 1 ML Ag aufgedampft wurde. Hier zeigen ebenfalls die Signale der dicken Filme (2,0 und 6,0 ML Au) an, daß es zu einem Eindringen des Silbers in das Gold kommt. Aus den Signalen der dünnen Filme (0,6 und 1,2 ML Au) kann man, sicherlich durch die erhöhte Meßungenauigkeit bedingt, keine Aussage über eine eventuelle Entmischung des Systems treffen.

Für beide Experimente kann man von einer thermisch aktivierten Durchmischung nacheinander aufgedampfter Ag- und Au-Filme mit Q > 2 ML ausgehen, wie es in Abb. D 28 dargestellt ist. Offenbar wird das dreidimensionale Legierungsverhalten dicker Filme aus einer Mischung beider Elemente durch die Gegenwart der Re-Oberfläche nicht gestört.

 

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