zum nächsten Punkt vorherige Seite Kapitel D1 Abschnitt D - Re(0001)-Oberflächenlegierungen
zum Seitenende nächste Seite Kapitel D3 Kapitel D2 - Silber+Kupfer-Legierung auf Re(0001)

2. Silber+Kupfer-Legierung auf Re(0001)

Wenn es um ternäre, thermodynamische Oberflächensysteme wie z. B. Ag+Cu/Re(0001) geht, sind Herstellung und Kontrolle der chemischen Systemzusammensetzung der zu untersuchenden Proben entscheidende Untersuchungsschwerpunkte.

Die Ag+Cu-Filme wurden, wie auch schon die Filme der binären Systeme, durch sukzessives Aufdampfen der Adsorbate aus Knudsenzellen hergestellt, vgl. Kap. B 3.3.2. Aufgedampft wurde bei LEED- und XPS- bzw. AES-Untersuchungen bei Raumtemperatur. Durch anschließendes Erhitzen der Probe bis 800 K, also knapp unter die Desorptionstemperatur des Silbers, konnte ein im thermodynamischen Gleichgewicht befindlicher HT-Film erhalten werden, dessen Eigenschaften sich durch Temperaturveränderungen nicht mehr ändern. Da die Interdiffusionsprozesse bei diesen hohen Temperaturen abgelaufen sind, spielt es bei einem solchen Film praktisch keine Rolle, in welcher ursprünglichen Reihenfolge die Adsorbate Cu und Ag aufgetragen wurden. Dies konnte auch dadurch verifiziert werden, daß die Test-TD-Messungen getemperter Proben, bei denen erst Ag und dann Cu aufgebracht wurde, sich nicht von denen unterschieden, bei denen die Reihenfolge umgekehrt war. Bei den hier präsentierten TDS-Untersuchungen wurden durchweg solche Filme untersucht, bei denen erst Kupfer, dann Silber aufgedampft wurde.

Kontrolliert wurde die "globale" Zusammensetzung der Filme durch sowohl Ag- als auch Cu-TDS. In TD-Voruntersuchungen an einem (2 ML Ag + 1 ML Cu)-dicken Film zeigte sich, daß bei einer Heizrate von 4,1 K/s bereits das gesamte Silber desorbiert ist, bevor überhaupt die Desorption des Kupfers einsetzt. Die beiden Desorptionsgebiete waren etwa um 25 K voneinander getrennt.

Der Bedeckungsgrad mit Silber ergab sich zwanglos aus der Auswertung (Integration) der Ag-TD-Spektren. Die Form der Cu-TD-Spektren unterschied sich erwartungsgemäß, da ja kein Ag mehr während der Cu-Desorption vorhanden war, nicht von der des Systems Cu/Re(0001) (vgl. Kap. C 1). Diese Spektren dienten lediglich zur Überprüfung des Kupfer-Bedeckungsgrades.

Es wurden stets TD-Serien von Proben mit konstanter Cu-Vorbelegung aufgenommen. Anhand der o. a. Überprüfung konnte ein sowohl systematischer als auch zufälliger Fehler von Q  (Cu) von bis zu 10 % gefunden werden. Dieser sollte vor allem bei hohem Kupferanteil und damit prozentual kleinem Ag-Anteil als absolute Größe besonders stark ins Gewicht fallen.

 

zum Seitenanfang zum nächsten Punkt zum Seitenende D2.1 - TDS-Untersuchungen

 


2.1. TDS-Untersuchungen

2.1.1. Spektrenformanalyse der Subbilagen

Wie mit den Untersuchungen in Kap. C 2 gezeigt werden konnte, kommt es beim TD-Experiment am System Ag/Re(0001) zur Ausbildung gemeinsamer Anstiegsflanken sowohl für die Zustände der ersten drei Lagen, als auch für den Multilagenzustand. Besonders beim Hochtemperaturzustand b3 kann die gemeinsame Anstiegsflanke als ein Zeichen für das Auftreten eines Phasenüberganges, der eine 0. Desorptionsordnung hervorruft, gewertet werden.

Dieser Phasenübergang vollzieht sich zwischen Teilchen, die sich innerhalb von Inseln auf der Oberfläche befinden und dazwischen frei beweglichen Teilchen, die auch schließlich desorbieren. Die Oberflächenkonzentration dieser Atome wird durch das schnelles Gleichgewicht mit den Inselteilchen konstant gehalten.

Wird nun die Homogenität oder sogar die Existenz der Inseln durch die Vermischung mit einem zweiten Adsorbat, hier Cu, verhindert, so sollte auch das Phasengleichgewicht beeinflußt werden, was im Extremfall dazu führen kann, daß es sich nur noch bedingt bzw. gar nicht mehr einstellt. Ein Indiz dafür wäre das Fehlen der gemeinsamen Anstiegsflanke in den TD-Spektren.

Um dies zu prüfen, wurden Serien von Ag-TD-Spektren von Ag+Cu/Re(0001)-Proben aufgenommen, die sich durch eine unterschiedliche Vorbelegung mit Cu im Bereich von 0 bis 1 ML unterschieden. Innerhalb der Serien änderten sich die Ag-Anfangsbedeckungsgrade von 0 bis 1 ML. Die untersuchten Filme zeichneten sich also durch Gesamtbedeckungsgrade von Qges £ 2 ML aus und werden als Subbilagen bezeichnet.

Abbildung D9
Abbildung D9  Ag-TD-Serien mit konstanten Cu-Bedeckungsgraden und Ag-Anfangsbedeckungsgraden von bis zu 1 ML, Heizrate b  = 4,1 K/s. Zoom-pic Zoom-pdf

Wie in Abb. D 9 klar zu erkennen ist, werden die gemeinsamen Anstiegsflanken bereits ab einem Cu-Bedeckungsgrad von 0,1 ML unterdrückt. Statt dessen liegen die Ag-Desorptionsmaxima, spätestens ab 0,4 ML Cu bei T = 1075 K, übereinander. Das legt die Vermutung nahe, daß es zumindest in der ersten Adsorbatlage zu einer Durchmischung von Cu und Ag kommt.

Zum gleichen Ergebnis kommen auch Wandelt et al. bei der Untersuchung des Systems Ag+Cu/Ru(0001) [SCP94/2, SCK93/1]. Sie berichten, daß sich ab Q (Cu) = 0,54 ML die Spektrenform mit Tmax = 1040 K nicht mehr ändert.

Würden sich Cu- und Ag-Inseln ausbilden, so sollte die gemeinsame Anstiegsflanke, unabhängig von der Cu-Vorbelegung, erhalten bleiben, solange Q (Ag) > 0,1 ML ist. (Dies ist die Grenzbedeckung, unterhalb derer Ag auf Re(0001) als Einkomponenten-2D-Gasphase vorliegt. In diesem Bereich erhält man TD-Spektren von erster Ordnung, vgl. Kap. C 2.1.1 und Kap. C 5.2.)

Wenn der Gesamtbedeckungsgrad, der als Qges = Q (Cu) + Q0 (Ag) definiert sein soll, das Äquivalent von 1 ML übersteigt, kommt es zur Ausbildung eines zweiten Zustandes, der sich zuungunsten des ersten Zustandes um so stärker vergrößert, je größer die Cu-Vorbelegung ist.

Dies wird besonders in Abb. D 10 deutlich, zu deren Erzeugung aus geeigneten TD-Spektren von Abb. D 9 eine Schar von Spektrenserien gebildet wurde, deren Hauptparameter jetzt der Bedeckungsgrad mit Silber (0,25; 0,5; 0,75 und 1,0 ML) ist. Die Cu-Vorbelegung wird damit hier zum Parameter der Einzelspektren.

Abbildung D10
Abbildung D10  Ag-TD-Serien mit konstantem Ag-Anfangsbedeckungsgrad und Cu-Bedeckungsgraden von bis zu 1 ML, Heizrate b = 4,1 K/s Zoom-pic Zoom-pdf

In allen Serien ist mit Q (Cu) = 0 ML der bekannte Monolagenzustand des Ag zu erkennen. Mit zunehmenden Cu-Bedeckungsgrad kommt es zur Verkleinerung dieses und zur Ausbildung bzw. Vergrößerung des o. a. zweiten Ag-Zustands, der mit Q (Cu) = 1 ML schließlich das Spektrum dominiert.

Offenbar ist es so, daß zunächst die vom Cu "freigelassenen" Oberflächenplätze besetzt werden. Danach wird weiteres Silber in die zweite Lage eingebaut, ohne daß das Kupfer dabei aus der ersten Lage verdrängt wird. Gleiches berichten auch Wandelt et al. vom System Au+Cu/Ru(0001) [KPS91/1]. Dieses Verhalten widerspricht nicht der Vermutung, daß Kupfer und Silber in der ersten Adsorbatlage eine statistische Mischung ausbilden. Allerdings folgt aus der stärkeren Bindung des Kupfers an die Re-Oberfläche, daß soviel Kupfer wie möglich (alles bei Q (Cu) £ 1 ML) direkt an die Re(0001)-Oberfläche gebunden ist.

Wie aus Abb. D 10 hervorgeht, verschiebt sich das Temperaturmaximum der Ag-TD-Spektren mit zunehmendem Cu-Bedeckungsgrad zu höheren Temperaturen. Dieser Effekt ist in Abb. D 11 a dargestellt und kann als ein Anzeichen für eine attraktive Cu-Ag-Wechselwirkung interpretiert werden [SCK93/1], die u. U. stärker als die Ag-Ag-Wechselwirkung ist, wie an Modellrechnungen gezeigt werden konnte [SRH94/1]. Für Q (Cu) = 0 ML (die 4 jeweils untersten Spektren in Abb. D 10) kann man die starke Verschiebung des Temperaturmaximums mit Q (Ag) infolge der nullten Desorptionsordnung erkennen. Ab Q (Cu) » 0,3 ML fallen alle Graphen zusammen. Dies unterstreicht die Änderung der Desorptionsordnung auf n = 1, wenn die Ag-Atome nicht mehr aus zusammenhängenden Ag-Inseln heraus desorbieren.

Mit ansteigendem Cu-Bedeckungsgrad erhöht sich bei der Mischung von Kupfer und Silber die Bindungsenergie des Silbers. Dieser Effekt erreicht sein Maximum, wenn jedes Silberatom ausschließlich von Kupferatomen umgeben ist, also bei einem Mischungsverhältnis von Ag:Cu = 1:2 bzw. spätestens (für Q (Ag) > 0,33 ML) bei Q (Cu) = 0,67 ML (vgl. auch Abb. D 34. Das bestätigt sich in Abb. D 11 a. Ab etwa Q (Cu) = 0,6 ML bleibt die Maximumstemperatur konstant bei 1065 K.

Abbildung D11
Abbildung D11  a)Verschiebung des Temperaturmaximums, b) Verschiebung der Halbwertsbreite FWHM des Ag-TD-Zustandes der ersten Lage als Funktionen des Cu-Bedeckungsgrades der Spektren aus Abb. D 10. Zoom-pic Zoom-pdf

Die Halbwertsbreite (full width at half maximum - FWHM) der Ag-TD-Spektren des Zustandes der ersten Lage ist ebenfalls in Abb. D 11 b dargestellt. Man findet eine Peakverbreiterung von 20 bis 40 K im Bereich bis 0,5 ML Cu, die wiederum auf die ansteigenden attraktiven lateralen Wechselwirkungen zurückgeführt werden kann [SRH94/1]. Diese können aus der Veränderung der Zahl und Art der nächsten Nachbarn resultieren und mit einer damit verbundenen kontinuierlichen Legierungsbildung korreliert werden [KPS91/1]. Gleichzeitig kann eine "kontinuierliche Superposition multipler Desorptionszustände" ins Spiel kommen [MDN88/1], nämlich dann, wenn eine Verteilung verschiedener Koordinationszahlen für die Ag-Atome vorhanden ist. Dies sollte sich in der integralen Energieauswertung bemerkbar machen, s. u..

Die Silberatome sind in der zweiten Lage schwächer gebunden als in der ersten. Interessant ist nun, daß sich das Temperaturmaximum des Zustandes der zweiten Lage mit zunehmendem Cu-Bedeckungsgrad zu höheren Temperaturen verschiebt, und zwar von 970 auf 1030 K. Dafür ist zunächst die erhöhte Koordination der Silberatome in der zweiten Adlage verantwortlich zu machen, die aus der vermehrten Menge an Ag-Atomen, die bei dem o. a. Verdrängungsprozeß durch das Cu in die zweite Adlage heraufgestoßen werden, resultiert. Zusätzlich wird aber auch (zumindest) die (Paar-) Wechselwirkung zur ersten Lage, die zunehmend aus Kupfer besteht, von Ag-Ag nach Ag-Cu geändert.

Aus den TD-Serien aus Abb. D 9 wurden entsprechend Kap. A 4.4 Desorptionsisothermen berechnet. Die Isothermen mit Q (Cu) > 0 ML besitzen im Gegensatz zu denen des Systems Ag/Re(0001) eine konstante positive Steigung. Diese wird nur jeweils bei Qges = 1 ML durch einen Bereich unterbrochen, der dem Lagenübergang zuzuordnen ist. Für die einzelnen Lagenzustände ergibt sich aus den order plots der doppeltlogarithmischen Darstellung der Isothermen nach Gl. (A73) eine Desorptionsordnung von n = 1.

 

zum Seitenanfang zum vorherigen Punkt zum nächsten Punkt zum Seitenende D2.1.2 - Energetik der Ag+Cu-Subbilagen

 


2.1.2. Energetik der Ag+Cu-Subbilagen

Zur Ermittlung der verschiedenen Wechselwirkungsenergien des Systems wurden die TD-Spektren einer integralen Energieauswertung nach Bauer/Schlatterbeck unterzogen, wie es in Kap. A 4.4 beschrieben und auch in Teil C bei den binären Münzmetallsystemen bereits getan wurde. Zunächst wurden aus den TD-Serien, äquivalent zur Berechnung der Isothermen, die Desorptionsisosteren bestimmt. Diese sind in Abb. D 12 als Arrhenius-plots, d. h. in der Form der logarithmierten Rate über der reziproken Temperatur dargestellt. Für den Fall, daß diese Graphen linear sind, ist deren Steigung der Desorptionsenergie proportional, andernfalls erhält man einen gemittelten Wert der Desorptionsenergie, der einer besonderen Beachtung bedarf.

Abbildung D12
Abbildung D12  Arrhenius-plots des Systems Ag+Cu/Re(0001) für die Ag-TD-Serien aus Abb. D 9. Zoom-pic Zoom-pdf

Die entsprechenden Serien der Arrhenius-plots mit Cu-Bedeckungsgraden bis 0,54 ML zeigen bis zu einem Gesamtbedeckungsgrad von 1 ML (roter Graph) einen fast linearen Verlauf. Die Krümmung ist bei den Arrhenius-plots aller Serien oberhalb dieses Wertes (Qges = 1 ML) ausgebildet und deutet auf das Vorhandensein von mehreren Desorptionszuständen hin. Bei der Serie mit Q (Cu) = 0,63 ML kommt es im Bereich von ca. 0,3 bis ca. 0,5 ML Ag zu starken Abweichungen von der Linearität, wie sie auch bei den binären Systemen beim Lagenübergang beobachtet wurden. Noch stärkere Abweichungen von der Linearität sind im Gesamt-Submonolagenbereich der Serie mit 0,8 ML Cu zu beobachten.

Fazit aus der Begutachtung der Arrhenius-plots ist, daß die sich daraus ermittelten Energiespektren nicht in allen Bereichen tatsächlich durch konkrete Desorptionsenergiewerten gekennzeichnet sind, wie es von sehr einfachen Systemen bekannt ist. Konkrete Edes-Werte erhält man nur in den Bereichen möglich, die sich durch die o. a. Linearität auszeichnen. Insbesondere die Werte oberhalb des Gesamtbedeckungsgrades von 1 ML und die Spektren mit 0,63 und 0,8 ML bedürfen besonderen Überlegungen. Die in diesen Bereichen erhaltenen Energiewerte können nur als temperaturgemittelte Werte betrachtet werden, da auch die ln(R) = f(1/T)-Verläufe der Arrhenius-plots linear angepaßt wurden. Weiterhin können hier Meßfehler besonders stark bemerkbar machen, die sich aus dem relativ geringen Ag-Anteil in der Mischung ergeben. Letztlich wird es im Temperaturbereich der Desorption sicher zu Interlagen-Wechselwirkungen, Mischungsvorgängen und evtl. weiteren kinetischen Prozessen kommen, die nicht vollständig durch die verwendete Auswertungsmethode reproduziert werden.

Wie in Abb. D 13 zu erkennen ist, nimmt bei Cu-Bedeckungsgraden von bis zu 0,63 ML die Desorptionsenergie des Silbers mit der Silberbedeckung solange ab (50 bis 100 kJ/mol), bis ein Gesamtbedeckungsgrad von 1ML (rote Linie) erreicht ist.

Dieser Effekt kann damit erklärt werden, daß die ständig steigende Zahl von Silberatomen nur eine konstante Zahl von Cu-Atomen als Adsorptionspartner zur Verfügung hat. Die Chance, daß ein Ag-Atom einen Cu-Adsorptionspartner findet, wird also mit zunehmender Bedeckung kleiner. Eine stärkere Wechselwirkungsenergie zwischen Cu und Ag als zwischen Ag und Ag vorausgesetzt, sollte dies zu einer Abnahme der Desorptionsenergie führen. Offensichtlich ist dieser Effekt stärker als die zunehmende Koordination der Silberatome, die eigentlich einen Anstieg der Desorptionsenergie zur Folge hat, wie im Bereich kleiner Ag-Bedeckungsgrade der Serie mit Q (Cu) = 0 ML. Wie in Kap. 4.4.1.3 dargestellt, ist die o. a. Abnahme der Desorptionsenergie aber auch ein Zeichen für eine hohe Mischungsenergie und damit für die Ausbildung einer Legierung.

Auf der hexagonalen (0001)-Fläche kann mit Q (Cu) ³ 0,67 ML und bei optimaler Durchmischung jedes Ag-Atom einen Adsorptionsplatz finden, der von Cu-Atomen vollständig umgeben wird. Es sollte sich dabei ein konstanter Verlauf der Desorptionsenergie ergeben, da sich in diesem Fall die lokale Umgebung jedes Ag-Atoms (6 Cu-Nachbaratome) mit zunehmenden Ag-Bedeckungsgrad nicht ändert. Daß ein solcher Verlauf nicht beobachtet werden kann, muß mit dem hier besonders stark ins Gewicht fallendem Fehler des Cu-Bedeckungsgrades (s. o.) in Verbindung gebracht werden. Dieser dokumentiert sich auch den Unregelmäßigkeiten im Verlauf der Arrhenius-plots.

Abbildung D13
Abbildung D13  Desorptionsenergie des Systems Ag+Cu/Re(0001) für die Ag-TD-Serien aus Abb. D 9 nach Bauer. Zoom-pic Zoom-pdf

Der Anstieg der Desorptionsenergie für Gesamtbedeckungsgrade im Bereich 1 ML £ Qges £ 1,2 ML (der besonders in den Spektren mit 0,24 bis 0,54 ML Cu sichtbar wird) könnte aus der zunehmenden Koordination der Ag-Atome mit bereits vorhandenen Ag-Atomen resultieren, ähnlich dem Fall mit 0 ML Cu. Der darauf folgende Abfall erfolgt auf Grund dessen, daß in der zweiten Monolage sicherlich erst die Cu-, dann die Cu-Ag-Mischadsorptionsplätze (gebildet durch die Adatome der ersten Lage) belegt werden, auf denen die Ag-Atome schwächer gebunden sind. (Reine Ag-Adsorptionsplätze sollte es bei optimaler Durchmischung nicht geben.)

Die Desorptionsenergiewerte liegen im Bereich von etwa 200 bis 350 kJ/mol. Eine quantitative Deutung dieser Beträge kann auf Grund der Kompliziertheit des Systems in Verbindung mit der Art der Auswertungsmethode nicht durchgeführt werden. Wandelt et al. haben jedoch für das System Ag+Cu/Ru(0001) mittels MC-Rechnungen Werte für die verschiedenen systembestimmenden physikalischen Größen angegeben, die in der folgenden Tabelle aufgelistet sind:

[kJ/mol] VZ,0(Ag) VZ,0(Cu) Elat(AgAg) Elat(CuCu) Elat(AgCu)
[SCP94/1, SRH94/1] 258 293 6,5 7,6 6,5
[SCK93/1] 295 360 8,5 10 10

Die Werte wurden unter Verwendung der Gittergasnäherung mit BWA-ähnlichen Ansätzen gefunden. D. h., daß die Elat-Werte durchaus auf das hier betrachtete System übertragen werden können.

Als Adsorptionsenergiewerte für Ag-Atome auf einer Cu(111)-Oberfläche konnten von Mottet et al. 253 kJ/mol (ps-Struktur), 283 kJ/mol (uniaxiale Relaxation) und 297 kJ/mol (dl- oder moiré-Struktur) errechnet werden [MTL92/1].

 

zum Seitenanfang zum vorherigen Punkt zum nächsten Punkt zum Seitenende D2.1.3 - Multilagen

 


2.1.3. Multilagen

Bei der Adsorption größerer Mengen (Multilagen) von Ag und/oder Cu werden die Verhältnisse des Filmaufbaus zusehends komplizierter, da eine Vielzahl von Anordnungen sowohl im Hinblick auf die lokale Koordination (Durchmischung) der Adatome als auch auf die Filmmorphologie denkbar ist. Es wird infolgedessen mit zunehmender Filmdicke immer schwieriger, die gemessenen TD-Zustände bestimmten Bindungsplätzen oder zumindest Kategorien von derartigen Plätzen zuzuordnen, da eine Vielzahl von Zuständen auftritt, die energetisch sehr nahe beieinander liegen.

Dies wird in Abb. D 14 deutlich. Die dort dargestellten TD-Spektren und dazugehörigen layer plots ergaben sich aus TD-Experimenten, die entweder mit

erhalten wurden. Auffällig ist zunächst, daß tatsächlich mehrere unterschiedliche TD-Zustände zu erkennen sind. Dies soll auch eine der Kernaussagen der Betrachtung der Spektren sein.

Für eine Deutung dieser einzelnen Zustände erscheint zunächst die Überlegung sinnvoll, welche Filmmorphologien und -zusammensetzungen für die Ausbildung unterschiedlicher TD-Zustände in Frage kommen. Zu diesen Überlegungen gehört natürlich auch, daß bestimmte Anordnungen auf Grund der bisherigen Erkenntnisse ausgeschlossen werden. Tatsächlich können allen beobachteten TD-Zuständen Bindungsplatz-Kategorien zugeordnet werden. (Dies kann natürlich keine stringente Beweisführung sein, da z. B. wegen der geringen Anzahl von Spektren pro Zustand keine spezifischen Desorptionskinetiken berücksichtigt werden können.)

Die Kenntnisse, die bereits in den vorangehenden Abschnitten erlangt sollen hier ohne nochmaligen Beweis vorausgesetzt werden:

Ag und Cu mischen im Zweidimensionalen. Dies konnte im Kap. 2.1.1 zumindest für Gesamtbedeckungsgrade bis zu 2 ML in bester Übereinstimmung mit den dort angeführten Literaturzitaten gezeigt werden. Damit kann es den b3-Zustand vom "reinen" System Ag/Re(0001) nur in völliger Abwesenheit von Cu geben. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, daß es innerhalb der jeweils obersten Lage der verschiedenen Filme zur Durchmischung von Ag- und Cu-Atomen kommt.

Mit Q (Cu) > 1 ML befindet sich Cu immer zwischen Ag und Re. Auch dieser Umstand wurde bereits experimentell nachgewiesen, vgl. Kap. 2.1.1. Wegen der gegenüber Ag stärkeren Bindungsenergie des Cu zur Re-Oberfläche ordnen sich alle Cu-Atome so nah wie möglich an die Substratoberfläche an und verdrängen so vorhandene Ag-Atome aus ihrem Kontakt mit dem Re in höhere Lagen.

Ag und Cu mischen fast nicht im Dreidimensionalen. Für genügend dicke Filme wird das Verhalten angenommen, daß sich aus dem binären, eutektischen Zustandsdiagramm Cu+Ag (mit einer sehr großen Mischungslücke) ergibt, vgl. Abb. A 1. Allerdings ist, wie in Kap. 4 gezeigt wird, die kritische Temperatur bzw. die Temperatur des Eutektikums des Zustandsdiagramms im Oberflächenbereich reduziert, was gerade bei den erhöhten Desorptionstemperaturen zu einer verstärkten Durchmischung von Ag und Cu führen kann.

Ag-Atome sind um so fester gebunden, je näher sie der Re-Oberfläche sind. Gleichzeitig bestimmt die zeitliche Abfolge der Desorption (z. B. desorbieren Teilchen der zweiten Lage vor solchen der ersten) die Lage der TD-Zustände auf der Temperaturskala. Dies wurde in Kap. C 2.1 demonstriert. Zustände der ersten Lage werden also bei höchsten, Zustände der Multilage bei niedrigsten Temperaturen erwartet. Diese grobe Einteilung der Abfolge der Zustände wird durch einen Abfall der Temperatur des Desorptionsmaximums mit der Reihe (Ag+Cu)/Cu > Ag/Cu > Ag/(Ag+Cu) überlagert. Hierbei spielt eine Rolle, daß die Bindung der Ag-Atome zu Cu-Nachbaratomen stärker ist als zu weiteren benachbarten Ag-Atomen, wie in Kap. 2.1.2 ausgeführt wurde. Dieser Effekt wirkt sich sowohl innerhalb einer Adlage, als auch zur darunter liegenden Lage aus.

Mit diesen vier Voraussetzungen kann man zwischen drei prinzipiellen Arten von Zuständen unterscheiden:

Dieser Einteilung folgend, können nun konkrete Desorptionszustände zugeordnet werden. Betrachten wir zunächst den Fall der ersten Adlage: d-Zustände und der a*-Zustand fallen per Definition aus, weil es keine "unterliegende“ Cu-Lage gibt. Mögliche Zustände wären also der b3-Zustand, wenn sich kein Cu neben Ag auf der Oberfläche befindet oder ein g-Zustand, hier konkret g3, wenn sich Ag und Cu auf der Re-Oberfläche in Kontakt stehen und als eine Mischung gelten. Beide Zustände sind bereits in Abb. D 9 als HT-Zustand dargestellt, wobei b3 mit einsetzenden Cu-Bedeckung in g3 übergeht.

Im Bereich der Subbilagen kommen zu den vorgenannten Zuständen drei weitere mögliche Anordnungen dazu, aus denen Ag-Atome desorbieren können: Einerseits kann sich eine Legierungsschicht auf einer geschlossenen Cu-Lage ausbilden, wenn mehr als 1 ML Cu und entsprechend weniger als 1 ML Ag vorhanden sind. Der zugehörige Zustand wird mit g2 bezeichnet und stellt wegen der großen Anzahl von Cu-Bindungspartnern offenbar den stabilsten Zustand der zweiten Lage dar. Mit Q (Cu) < 1 ML bzw. Q (Cu) = 1 ML sind zwei d-Zustdnde denkbar, d2 bzw. d3. Der d2-Zustand ist als der LT-Zustand in Abb. D 9 sichtbar. Eventuell fallen d2und d3 sogar zusammen. Speziell der Übergang zwischen den beiden Zuständen kann durchaus auch fließend sein (da sicherlich zwischen einer fast nur bzw. 100 % aus Cu bestehenden ersten Lage, auf der sich das desorbierende Ag-Atom befindet, kein großer Unterschied besteht).

Im Bereich der Multilagen kommen nochmals drei neue Anordnungen dazu. Zunächst wäre der g1-Zustand zu nennen, welcher der Desorption von Ag-Atomen (< 1 ML) aus einer Ag+Cu-Legierungslage zuzuordnen ist, die sich wiederum auf einer dicken Cu-Schicht befindet. Ist soviel Ag vorhanden, daß sich auf einer solchen Legierungsschicht weitere Ag-Atome anordnen bzw. von dort desorbieren, resultiert daraus der d1-Zustand. Befindet sich letztlich sehr viel Ag auf einer Cu-Schicht, ist bei der Desorption der a*-Zustand sichtbar.

In der folgenden Tabelle sind noch einmal die diversen Desorptionszustände mit den zugehörigen Filmzusammensetzungen und dem Bedeckungsgrad der Komponenten angegeben. M steht dabei für Multilagen und ist eine natürliche Zahl größer als 2.

Name des Zustands Lage Aufbau des Films, aus dem Ag desorbiert Q (Cu) [ML] Q (Ag) [ML] in Abhängigkeit von Q (Cu)
g3 1 Ag+Cu/Re 0 < Q (Cu) < 1 0 < Q (Ag) < 1-Q  (Cu)
b3 1 Ag/Re Q (Cu) = 0 0 < Q (Ag) < 1
g2 2 Ag+Cu/Cu/Re 1 < Q (Cu) < 2 0 < Q (Ag) < 2-Q  (Cu)
d3 2 Ag/Cu/Re Q (Cu) = 1 0 < Q (Ag) < 1
d2 2 Ag/Ag+Cu/Re 0 < Q (Cu) < 1 0 < Q (Ag) < 2-Q (Cu)
g1 M Ag+Cu/M Cu/Re 2 < Q (Cu) < M 0 < Q (Ag) < M-Q (Cu)
d1 M Ag/Ag+Cu/M Cu/Re 2 < Q (Cu) < M 0 < Q (Ag) < M-Q (Cu)+1
a* M M Ag/(M) Cu/Re Q (Cu) = 1 1 < Q (Ag) < M

In Abb. D 14 a sind Ag-TD-Spektren für Filme dargestellt, die sich bei der Adsorption unterschiedlicher Mengen Ag und 1 ML Cu ergaben. Der Hauptzustand des Spektrums ist klar der a*-Zustand. Er dhnelt dem a-Zustand des Systems Ag/Re(0001), unterscheidet sich allerdings von diesem dadurch, daß sich die LT-Flanke mit zunehmendem Anfangsbedeckungsgrad zu höheren Temperaturen verschiebt. Dies könnte ein Zeichen für die vermehrte Wechselwirkung mit dem Kupfer sein, das besonders bei großen Ag-Bedeckungsgraden und den erhöhten Desorptionstemperaturen auch zumindest teilweise im gesamten Volumen des adsorbierten Films gelöst sein kann.

Der zweite Zustand (auf der HT-Seite des Spektrums) sättigt bei 1 ML Ag und hat ein Peakmaximum bei ca. 1050 K. Er muß Ag-Atomen zugeordnet werden, die sich als geschlossene Lage auf einer ebenfalls geschlossenen Lage Cu befinden, und entspricht daher dem oben eingeführten d3-Zustand. Da auf Grund des Fehlers von 10 % im Cu-Monolagenbedeckungsgrad nicht ausgeschlossen werden kann, daß einzelne Adsorptionsplätze in der ersten Lage frei bleiben oder Legierungspartner in der zweiten Lage zur Verfügung stehen, könnte dieser Zustand auch Anteile von g2 oder g3 besitzen.

Abbildung D14
Abbildung D14  Ag-TD-Spektren und dazu gehörige layer plots des Systems Ag+Cu/Re(0001), b = 4,1 K/s, a) Proben mit 1 ML Cu und unterschiedlichen Ag-Anfangsbedeckungsgraden, b) Proben bis zu einem Gesamtbedeckungsgrad von 6 ML und gleichen Mengen Ag und Cu, c) Proben mit 1 ML Ag und unterschiedlichen Cu-Bedeckungsgraden. Zoom-pic Zoom-pdf

Abb. D 14 b zeigt Ag-TD-Spektren, die Filmen zuzuordnen sind, die aus annähernd gleichen Mengen Cu und Ag bestehen. Die Ag-Spektren mit Anfangsbedeckungsgraden < 1 ML weisen die schon aus Abb. D 9 bekannten g3-, und d2-Zustände auf. Das Spektrum mit Q (Ag) = 1,3 ML bezieht sich auf einen Film, der aus Ag-Atomen auf einer Legierungsschicht auf einer Kupferschicht besteht. Infolgedessen werden die Ag-Atome zunächst von dieser obersten Lage als LT-Zustand d1 (evtl. auch a*) (Tmax » 940 K) desorbieren und danach als HT-Zustand g2 (Tmax » 1030 K) aus der Legierungslage, die sich auf einer Lage Cu befindet.

Für die weiteren Spektren dominiert der a*-Zustand, der sich hier allerdings mit einer Vielzahl anderer Zustände überlagert. Das kann einerseits daraus resultieren, daß die Desorption der Cu-Multilagen einsetzt, bevor das gesamte Ag desorbiert ist. Andererseits muß hier, insbesondere bei den Desorptionstemperaturen, mit einer erheblich stärkeren Mischkristallbildung auch im Dreidimensionalem gerechnet werden.

In Abb. D 14 c sind Ag-TD-Spektren dargestellt, die zu Filmen gehören, die aus 1 ML Ag und unterschiedlich großen Mengen Cu hergestellt wurden. Das Spektrum mit 1,2 ML Cu gehört dabei zu einem Film, der aus Ag-Atomen besteht, die sich auf und in einer Schicht Ag+Cu befinden, die wiederum über eine Lage Cu ans Re gekoppelt ist. Demzufolge ist dem LT-Zustand (Tmax » 980 K) die Bezeichnung d1 zuzuordnen und dem HT-Zustand (Tmax » 1050 K) die Bezeichnung g2.

Die Filme mit höheren Cu-Bedeckungsgraden entwickeln ebenfalls den LT-Zustand d1, der mit zunehmendem Cu-Bedeckungsgrad bis Tmax » 1020 K verschiebt, was vermutlich auf die Legierungsbildung zurückzuführen ist. Besonders beim 8 ML-Cu-Film besteht die Möglichkeit, daß es sich bereits um eine Volumenlegierung handelt. Der zweite Zustand trägt hier die Bezeichnung g1, da die Legierungsschicht über eine Multilagenschicht Cu ans Re gekoppelt ist.

 

zum Seitenanfang zum vorherigen Punkt zum nächsten Punkt zum Seitenende D2.2 - Beugung langsamer Elektronen

 


2.2. Beugung langsamer Elektronen

Die Gitter-misfits zwischen Adsorbat und Substrat der Systeme Cu/Re und Ag/Re spiegeln sich u. a. in den LEED Bildern von 0,8 ML bis etwa 5 ML dicken Cu-Filmen sowie von etwa 2 ML bis etwa 5 ML dicken Ag-Filmen wider. Es kommt hier zur Ausbildung einer (14 x 14)- bzw. (14 x 1)-Überstruktur beim Cu/Re (vgl. Abb. C 7 und Abb. C 8) bzw. zu (19 x 19) sowie (15 x 1)-Überstruktur beim Ag/Re (vgl. Abb. C 18). Diese deuten auf inkommensurable Adsorbatstrukturen hin, die durch uni- oder biaxiale Wellungen der Adlage bzw. Dislokationsdomänen induziert werden, vgl. Kap. C 1.2 bzw. Kap. C 2.2.

Man kann sich leicht vorstellen, daß dieser misfit durch atomare Vermischung der "zu kleinen" Cu-Atome mit den "zu großen" Ag-Atomen nahezu aufgehoben wird. Im LEED-Bild sollte dann weder die Cu- noch die Ag-Überstruktur zu erkennen sein. Tatsächlich sind die LEED-Bilder von 50:50-Cu/Ag-Filmen bis zu einer Dicke von etwa Qges = 3 ML einzig durch Grundgitterreflexe in den Rheniumpositionen gekennzeichnet. Der Untergrund des LEED-Bildes nimmt dabei nicht merklich zu. Auch beim System Ag+Cu/Ru(0001) wird ab Q (Cu) > 0,07 ML bei Submonolagenfilmen keine Überstruktur mehr beobachtet [SCP94/2].

Für dickere Filme aus Cu und Ag konnten LEED-Überstrukturen gefunden werden. Es handelt sich hierbei um (25 x 25)-Überstrukturen, die weder mit den Überstrukturen des Systems Cu/Re(0001), noch mit denen des Systems Ag/Re(0001) in Verbindung gebracht werden können. Auch die in der Literatur bekannte p(9 x 9)-LEED-Überstruktur des Systems Ag/Cu(111), [EAC92/1, NaV81/1, MTL92/1, Bau67/1] hat offenbar nichts mit der (25 x 25)-Struktur zu tun.

Abbildung D15 Abbildung D15 Abbildung D15
Abbildung D15  (25 x 25)-LEED-Überstrukturreflexe des (0,0)-Grundgitterreflexes des Systems Ag+Cu/Re(0001) (2,2 ML Ag + 2,2 ML Cu, HT-Film), 17,6 eV, a) Originalaufnahme, b) als Relief und c) schematisch. Zoom-pic Zoom-pic Zoom-pic
Zoom-pdf Zoom-pdf Zoom-pdf

Die dünnsten Filme, bei denen diese Strukturen sichtbar wurden, bestanden aus einer auf 800 K getemperten Mischung von 2,2 ML Cu und 2,2 ML Ag (HT-Film), s. Abb. D 15. Von Wandelt et al. konnten mittels STM-Untersuchungen an getemperten Ag+Cu-Legierungsfilmen auf der Ru(0001)-Oberfläche dreieckige Dislokationsdomänen gefunden werden, die sich bei einem Gehalt von 40 % Cu innerhalb der ersten Lage bilden [StH95/1], s. Abb. D 33. Die Domänen besaßen eine Ausdehnung von 100 Å x 120 Å x 130 Å, was bei dichtester Anordnung einer Anzahl von 35 bis 45 Ag-Atomen über 38 bis 49 Ru-Atomen entspricht. Bei höheren Anteilen Cu entstand laut Wandelt et al. eine ungeordnete Mischung [StH95/1]. Eine ähnlich langreichweitige Anordnung der Atome könnte auch auf der Re(0001)-Oberfläche vorliegen.

Interessant ist allerdings, daß sich beim Re-System im Gegensatz zum Ru-System die LEED-Überstrukturen bei sehr verschiedenen Mischungsverhältnissen und erst für Qges ³ 3 ML ausbilden. Dies wird auch in Abb. D 16 deutlich, die ebenfalls die (25 x 25)-Struktur zeigt, allerdings für einen HT-Film, der aus 4,2 ML Cu und 2,8 ML Ag besteht.

Abbildung D16 Abbildung D16 Abbildung D16
Abbildung D16  (25 x 25)-LEED-Überstrukturreflexe des Systems Ag+Cu/Re(0001) (2,8 ML Ag + 4,2 ML Cu, HT-Film), 54,7 eV, a) Originalaufnahme, b) als Relief und c) schematisch Zoom-pic Zoom-pic Zoom-pic
Zoom-pdf Zoom-pdf Zoom-pdf

 

zum Seitenanfang zum vorherigen Punkt zum nächsten Punkt zum Seitenende D2.3 - LEED-(I,V)-Messungen

 


2.3. LEED-(I,V)-Messungen

Um mehr über die Zusammensetzung gerade der gemischten ersten Monolage zu erfahren, wurden LEED-(I,V)-Messungen durchgeführt. In Abb. D 17 ist einerseits das LEED-(I,V)-Spektrum einer Mischschicht aus 0,5 ML Ag und 0,5 ML Cu auf Re(0001) dargestellt. Andererseits wurden zwei LEED-(I,V)-Spektren arithmetische gemittelt, die von einer 1 ML Ag/Re(0001)- bzw. von einer 1 ML Cu/Re(0001)-Probe aufgenommen wurden. Das resultierende Spektrum, das dem einer Probe entsprechen sollte, bei der 0,5 ML Ag und 0,5 ML Cu in sehr großen Inseln auf der Substratoberfläche angeordnet ist, ist ebenfalls abgebildet. Außerdem enthalten die Darstellungen auch die aus dem Vergleich der beiden LEED-(I,V)-Spektren (des gemessenen und des errechneten Mischfilmspektrums) erhaltenen Differenzspektren. Diese wurden teilweise auf die Intensität der höherenergetischen Peaks skaliert, um auch kleine Unterschiede sichtbar zu machen.

Abbildung D17 Abbildung D17
Abbildung D17  LEED-(I,V)-(Differenz-) Spektren des Systems Ag+Cu/Re(0001). Es sind Spektren des (0,0)- und des (0,-1)-Reflexes gegenübergestellt, die sich für einen Film ergaben, der aus 0,5 ML Ag + 0,5 ML Cu bestand, im Vergleich zum arithmetischen Mittel eines 1 ML Ag- mit einem 1 ML Cu-Film. Das Differenzspekrum der beiden LEED-IV-Spektren des (0,0)-Reflexes wurde zusätzlich auf die Intensitäten der höherenergetischen Peaks skaliert. Zoom-pic Zoom-pic
Zoom-pdf Zoom-pdf

Würde die (50:50) gemischte Schicht aus separaten Cu- und Ag-Inseln bestehen (die zumindest größer als die Kohärenzweite des anregenden Elektronenstahls, etwa 100 Å sind), so sollte sich ein LEED-Spektrum ergeben, daß sich additiv aus den Spektren einer 0,5 ML Cu- und einer 0,5 ML Ag-Schicht zusammensetzt. (Der Beitrag der unbedeckten Oberfläche darf dabei nicht mit berücksichtigt werden. Dies wurde dadurch gewährleistet, daß 1 ML dicke Schichten untersucht worden sind.) Besteht die Cu+Ag-Schicht jedoch aus einer statistischen Mischung, so entspricht dies einer einheitliche, andersartigen Anordnung der Adsorbatatome auf der Oberfläche. Wie in Abb. D 17 besonders an den mit den Pfeilen markierten Stellen zu erkennen ist, unterscheidet sich deren LEED-(I,V)-Spektrum von dem arithmetisch gemittelten.

Auf Grund seiner Orientierung zur Oberfläche und des damit verbundenen Impulsübertrags k|| sollte der (0,1)- im Gegensatz zum (0,0)-Strahl (der m. o. w. senkrecht auftrifft) empfindlicher auf laterale Veränderungen reagieren. Aus den Differenzspektren ist zu ersehen, daß es sowohl bei der Untersuchung des (0,0)- als auch des (0,1)- Reflexes zu Unterschieden in den Spektren der gemessenen und der errechneten Mischschicht kommt. Dies läßt den Schluß zu, daß es sich tatsächlich um eine gut durchmischte Schicht aus Cu und Ag handelt.

 

zum Seitenanfang zum vorherigen Punkt zum Seitenende D2.4 - XPS- und AES-Messungen

 


2.4. XPS- und AES-Messungen

Das Verhalten von dicken Cu+Ag-Filmen (2 ... 12 ML) wurde weiterhin mittels Augerelektronenspektren (AES) der Ag-MNN-Elektronen sowie Röntgen-Photoelektronenspektren (XPS) der Ag-3d-Elektronen untersucht. In Abb. D 18 sind die Peak-Peak-Abstände des stärksten Ag-Signals für zwei Experimente dargestellt.

Abbildung D18
Abbildung D18  AES- und XPS-Intensitätsspektren für Filme aus 1 ML Ag und unterschiedlichen Mengen Cu (rot) sowie 1 ML Cu und unterschiedlichen Mengen Ag (blau) im Temperaturbereich von 500 K bis 800 K Zoom-pic Zoom-pdf

Die blau dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf ein Experiment, bei dem zunächst 1 ML, 2 ML, 5,6 ML oder 11 ML starke HT-Ag-Filme präpariert wurden. Auf diese wurde anschließend ein 1 ML starker Cu-Film aufgebracht und das ganze jeweils 1 min auf 610 K, 720 K und 800 K erhitzt. Mit der Deposition des Kupfers nehmen die Intensitäten vor allem der AES-Signale geringfügig ab, was mit der Ausbildung der Kupferschicht erklärt werden kann. Ein "Aufschwimmen" des 1 ML-Ag-Films könnte als Erklärung des anschließenden Ansteigens des zugehörigen Signals gelten (vgl. auch die Ergebnisse der TD-Untersuchung der Subbilagen).

Die Intensitäten der anderen Filme (mit größerem Ag-Gehalt) verringern sich mit zunehmender Temperatur. Dies ist insofern erstaunlich, als daß zumindest ein Teil der Kupferatome bei Temperaturerhöhung in das Silber eindringen sollte. Damit müßten mehr Ag-Atome an die Oberfläche gelangen, und die Signalintensität müßte steigen. Offenbar spielt bei den hier gezeigten Untersuchungen der Filme mit größerem Ag-Gehalt das Cu nur eine untergeordnete Rolle. Vergleicht man die Temperaturabhängigkeit des Ag-Signals mit den entsprechenden Ergebnissen des Systems Ag/Re(0001) aus Abb. C 21 wird deutlich, daß sich die hier untersuchten Filme hinsichtlich dieser Messungen wie "reine" Silberfilme verhalten.

Die rot dargestellten Ag-Signalintensitäten gehören zu 1 ML-Ag-Filmen, die auf HT-Cu-Filme mit Bedeckungsgraden von 1; 2; 4 und 8 ML aufgebracht und wie im ersten Experiment erhitzt wurden. Die Intensitätsverläufe sind im Rahmen des Fehlers recht konstant. Offenbar ist Silber im betrachteten Temperaturintervall nicht oder nur sehr begrenzt in der Lage, aus der obersten Lage mit dem Kupfer zu mischen.

 

zum vorherigen Punkt vorherige Seite Kapitel D1
zum Seitenanfang nächste Seite Kapitel D3 - Silber+Gold-Legierungen auf Re(0001)