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In diesem Abschnitt werden die Meßergebnisse zu den Systemen Cu/Re(0001), Ag/Re(0001), Au/Re(0001), Cu/Re(0001)-st und Ag/Re(0001)-st präsentiert. Dies erfolgt jeweils in der Reihenfolge TDS, LEED, XPS (AES), DF für die glatte Re(0001)-Oberfläche. Die Systeme mit der gestuften Re(0001)-st-Oberfläche werden gemeinsam behandelt (TDS, LEED).

In einem weiteren Kapitel werden Ergebnisse zum Phasenübergang der zweidimensionalen Verdampfung der Adteilchen vorgestellt, die nur aus der zusammenhängenden Betrachtung der Systeme gewonnen werden konnten.

Im letzten Kapitel soll ein Überblick über die untersuchten Metallsysteme gegeben werden, speziell auch im Hinblick auf ähnliche Systeme. Dieses Kapitel steht zum einen unter dem Gesichtspunkt der Struktur- und Wachstumsformen, unter besonderer Berücksichtigung der 2D-Spannungen und damit verbundenen Ordnungs-Ordnungs-Phasenübergänge innerhalb der Lagen. Zum anderen wird auf die energetischen und kinetischen Eigenschaften der Systeme eingegangen. Soweit nicht schon in den ersten fünf Kapiteln geschehen, werden die literaturbekannten Erkenntnisse eingeflochten und mit den gewonnenen Ergebnissen verglichen.

Die hier untersuchten Systeme sind z. T. literaturbekannt, oder es lassen sich Parallelen zu den bereits häufig untersuchten Münzmetallsystemen mit Ru-, W- und Mo-Oberflächen herstellen. Insbesondere sind folgende Arbeiten zu nennen:

Cu/Re(0001): Christmann et al. [Wag97/d, WSC99/1], Goodman et al. [RCG91/1, HeG90/1]
Ag/Re(0001): Christmann et al. [Sch98/d, PSC97/1, SPC98/1, PLM02/1]
Au/Ru(0001): Christmann et al. [Har87/d, HCH86/1], Behm et al. [HSG91/1]
Cu;Ag/Re(0001)-st: Christmann et al. [Har87/d, Vol99/d, CHR96/1], Wandelt et al. [SCP94/1, SCR92/1], Goodman et al. [RCG92/1]

 

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1. Das System Cu/Re(0001)

1.1. Thermodesorptionsspektroskopie

1.1.1 Spektrenformanalyse

In Abb. C 1 a ist eine Serie von TD-Spektren dargestellt, die eine Übersicht über das Desorptionsverhalten von Kupfer von der Re(0001)-Oberfläche liefert. Die Spektren wurden mit einer Heizrate von 7,7 K/s aufgenommen. Es wurden dabei Systeme untersucht, bei denen bis zu 5,5 ML Cu in Schritten von etwa 0,2 ML aufgedampft worden war.

Es lassen sich drei Desorptionszustände unterscheiden, die mit a, b1 und b2 bezeichnet sind. Der a-Zustand bildet sich bei niedrigsten Temperaturen, etwa ab 910 K, aus. Alle Spektren, die zu diesem Zustand gehören, laufen zunächst in einer gemeinsamen Anstiegsflanke, in der auch die Maxima der einzelnen Zustände liegen. Je nach Anfangsbedeckungsgrad kommt es nach dem Durchlaufen des Maximums zu einem starken Abfall der Desorptionsrate, sofern nicht Beiträge der b-Zustände ein zweites Maximum oder eine Hochtemperaturschulter bedingen. Ab etwa 20 ML sind keine Beiträge der b-Zustände mehr zu erkennen [Wag97/d]. Der a-Zustand sättigt nicht.

Abb. C 1 b zeigt die zu den TD-Spektren gehörigen layer plots, vgl. Kap. A 4.3 und Abb. A 16. Der a-Zustand zeichnet sich hier dadurch aus, daß sich für den anfänglichen Bereich der TD-Pfade, die beim jeweiligen Anfangsbedeckungsgrad beginnen und bei Null enden, ein linearer Zusammenhang zwischen Bedeckungsgrad und Desorptionsrate ergibt. Diese Bereiche mit konstantem Anstieg sind dem Verlauf in der gemeinsamen Anstiegsflanke der dazugehörigen TD-Spektren zuzuordnen.

Abbildung C1
Abbildung C1  a) Thermodesorptionsspektren und b) layer plots des Systems Cu/Re(0001) für Anfangsbedeckungsgrade von bis zu 5,5 ML, in Schritten von etwa 0,2 ML. Heizrate b=7,7 K/s. Zoom-pic Zoom-pdf


Ein solcher Verlauf kennzeichnet eine Desorptionsordnung von Null. Dabei ändert sich die Konzentration der desorbierenden Spezies während der Desorption nicht. Der Verlauf der Spektren in der gemeinsamen Anstiegsflanke gehorcht einem exponentiellen Zusammenhang und kann mit der Polanyi-Wigner-Gleichung (A23) beschrieben werden. Aus der graphischen Darstellung der logarithmierten Rate über der reziproken Temperatur (vgl. Abb. A 17) kann nach

E des =mR (C1)

(m ... Anstieg, R ... ideale Gaskonstante) die Desorptionsenergie aus dem Anstieg der Graphen entnommen werden. Für den a-Zustand ergibt sich ein Wert von 338 kJ/mol. Dieser Wert stimmt sehr gut mit der Sublimationsenergie des Kupfers überein (337,4 kJ/mol [www_01], 341,4 kJ/mol [LPS00/1]). Es wird also angenommen, daß es sich beim a-Zustand um einen Sublimationszustand des Kupfers handelt. Bei einem Anfangsbedeckungsgrad von 3 ML liegt sein Maximum bei 1055 K bzw. bei 2,0 ML.

Abbildung C2
Abbildung C2  TD-Spektren und dazu gehörige layer plots des Systems Cu/Re(0001) für Anfangsbedeckungsgrade bis etwa 2 ML. Heizraten b = 3,6; 7,7; 31,8 K/s. Zoom-pic Zoom-pdf

Die b-Zustände unterscheiden sich vom a-Zustand zum einen dadurch, daß sie bei einem bestimmten Anfangsbedeckungsgrad sättigen und zum anderen dadurch, daß sie bei höheren Temperaturen liegen, was auf eine stärkere Bindung zur Oberfläche hinweist. Diese Zustände werden mit der Ausbildung von diskreten Lagen in Verbindung gebracht, was Grund für die vom Sublimationszustand abweichende Notation ist. In Abb. C 1 b kann man erkennen, daß der b1-Zustand bei einem Anfangsbedeckungsgrad sättigt, der doppelt so groß ist wie der, bei dem der b2-Zustand sättigt. Die in Kap. B 4.1.2 beschriebene Monolageneichung führt also zu einer Identifikation des Wertes von Q = 1 ML mit einer geschlossenen Lage von Kupferatomen.

Zur genaueren Untersuchung der b-Zustände, speziell auch deren Temperaturabhängigkeit, wurden weitere Serien von TD-Spektren mit verschiedenen Heizraten aufgenommen. In Abb. C 2 ist der Verlauf der Spektren der b-Zustände abgebildet. Durch die Variation der Heizrate ist es gelungen, die Desorption in verschiedenen Temperaturbereichen durchzuführen und die Lage der Temperaturmaxima um etwa 65 K zu verschieben. Die genauen Daten sind in der nachfolgenden Tabelle gegeben:

  b1 b2
b [K/s] Tmax [K] Qmax[ML] Tmax [K] Qmax[ML]
3,61 - - 1100 0,28
7,7 1050 1,1 1115 0,28
31,8 1085 1,2 1165 0,28

Durch eine Verringerung der Heizrate b verkleinern sich nicht nur die Maximumstemperaturen der Zustände, sondern auch die Intensitäten der Spektren bei gleichzeitiger Vergrößerung der Auflösung. Als Literaturwerte sind für den b1-Zustand 1100 K [HeG90/1] und für den b2-Zustand 1180 K [Rod96/1, RoG92/1, OSM88/1] bzw. 1230 K [HeG90/1] angegeben, leider ohne die dazugehörige Heizrate. (Weitere Angaben befinden sich im Anhang.)

Besonderes Augenmerk galt der Ausbildung eines eventuellen dritten Lagen-Zustandes an der Niedertemperaturflanke des b1-Zustandes. Die Flanken der Spektren zeigen jedoch keine Schultern oder gar neue Maxima, was darauf schließen läßt, daß das System nur diese zwei Lagen-Desorptionszustände und den Sublimationszustand aufweist.

Die gleiche Anzahl und Form der TD-Zustände wie bei den hier dargestellten Meßwerten wurde auch für Cu/Ru(0001) [KPS91/1, VCE83/1, CES80/1, SRH94/1], für Cu/W(110) [KrB86/1, BBP75/1], Cu/Mo(110) [PaB87/1] und Cu/Ta(110) [KCG93/1] gefunden. In den Arbeiten von Goodman et al. [HeG90/1, RCG92/1] sind nur zwei Zustände zu erkennen, ein Umstand, der durch eine niedrigere Auflösung bei den Messungen zu erklären ist. Die Daten aus [RCG92/1] weisen darüber hinaus auf eine sehr rauhe Substratoberfläche hin, vgl. Kap. 4.1.

Wie aus Abb. C 2 zu erkennen ist, kommt es bei den Serien mit Heizraten von 3,6 K/s und 7,7 K/s m. o. w. zur Ausbildung einer gemeinsamen Anstiegsflanke. Dies ist besonders gut beim b2-Zustand ersichtlich. Die Niedertemperaturflanken aller Spektren mit einem Anfangsbedeckungsgrad Q0 > 0,15 ML bilden bis zu einer individuellen Grenztemperatur TG eine gemeinsame Linie. Danach wird der Anstieg der einzelnen Spektren kleiner, und sie verlassen die Flanke. Nach dem Passieren des Maximums bei Tmax laufen sie gegen Null.

Die Ausbildung der gemeinsamen Anstiegsflanke ist auch hier kennzeichnend für eine Desorption nullter Ordnung. Da allerdings im Gegensatz zum a-Zustand die Anstiegsflanke nicht für die gesamten Spektren bestimmend ist und insbesondere die Temperaturmaxima nicht auf der Flanke liegen, handelt es sich hier nicht um einen Sublimationsvorgang. Um jedoch eine Desorption nach nullter Ordnung beobachten zu können, muß, wie o. a., die Oberflächenkonzentration der desorbierenden Spezies bei der Desorption konstant bleiben. Dies wird beim vorliegenden System dadurch erreicht, daß die Desorption aus einem zweidimensionalen Phasengleichgewicht abläuft, das mit dem Modell des 2D-Gases beschrieben werden kann, vgl. Kap. A 3.3. Hier ist der Desorption der Übergang von 2D-Kondensatteilchen in 2D-Gasteilchen vorgelagert. Diese Reaktion ist schneller als die anschließende Desorption der 2D-Gasteilchen, was deren Konzentration solange konstant hält, wie das Phasengleichgewicht überhaupt vorliegt.

Für alle Spektren bis Q0 = 0,15 ML wird bei der Heizrate von 3,61 K/s ein Wert von Tmax = 1050 K und bei 7,7 K/s ein Wert Tmax = 1070 K erhalten. Hier ist also der Effekt der gemeinsamen Flankenbildung nicht erkennbar. Die Tatsache, daß die Desorptionsmaxima übereinander liegen, deutet auf eine Desorptionsordnung von n = 1 hin. (Diese Zuordnung geht bereits auf Redhead [Red62/1] zurück. Er nutzte die konstante Maximumstemperatur sogar aus, um mit ihrer Hilfe die Desorptionsenergie abzuschätzen.)

Bei der TD-Serie mit einer Heizrate von 31,8 K/s kommt es überhaupt nicht zur Ausbildung der gemeinsamen Anstiegsflanke. Offenbar läuft die Desorption in einem Temperaturbereich ab, der oberhalb der kritischen Temperatur des 2D-Phasenüberganges liegt. Es ist hier nicht mehr möglich, die Konzentration durch eine vorgelagerte Reaktion konstant zu halten. Genauer wird die Temperaturabhängigkeit der Desorption in Kap. 5 behandelt.

Das gleiche Verhalten in Bezug auf die Ausbildung einer bestimmten Spektrenform gilt auch für die b1-Zustände der drei TD-Serien. Im Gegensatz zur Serie mit 7,7 K/s (und 3,61 K/s) kommt es bei der Serie mit 31,8 K/s nicht zur Ausbildung der gemeinsamen Anstiegsflanke.

In den layer plots zeigen fast alle Spektren mit 3,61 K/s und 7,7 K/s (hauptsächlich die mit mittleren bis großen Lagenbedeckungen) in einem weiten anfänglichen Bereich einen konstanten Anstieg. Dies ist ein Zeichen für eine Desorption nach nullter Ordnung. Dieser konstante Anstieg kann für die TD-Serie mit 31,8 K/s nicht beobachtet werden. Hier sind die Kurven zur Bedeckungsgradachse hin leicht gekrümmt. Damit ähnelt diese Spektrenform jener, die Spektren mit sehr kleinen Anfangsbedeckungen (< 0,15 ML) haben.

Betrachtet man das Minimum zwischen dem b2- und dem b1-Zustand, kann man feststellen, daß sich dessen Lage auf der Bedeckungsgradachse mit zunehmenden Anfangsbedeckungsgrad linear zu kleineren Werten verschiebt. Dies ist die Folge der starken Überlappung der einzelnen Zustände. Bei der TD-Serie mit 31,8 K/s kann man im Gegensatz zu den beiden anderen TD-Serien beobachten, daß der b2-Zustand bis zu einem Anfangsbedeckungsgrad von etwa 1,2 ML weiter anwächst. Auf Grund der starken Trennung der beiden Zustände (ca. 100 K) im Bereich von Q0 = 1 ML bis 1,2 ML kann ausgeschlossen werden, daß es sich um eine rein additive Wechselwirkung der beiden Zustände handelt. Gleichzeitig verschiebt sich das Maximum des b2-Zustandes im Gegensatz zur TD-Serie mit 7,7 K/s von Q = 1,1 ML auf 1,2 ML. Offenbar kommt es also bei dieser hohen Heizrate dazu, daß Adteilchen in diesem Bereich gleichzeitig aus der ersten und zweiten Adlage desorbieren.

Gemäß Kap. A 4.4 wurden aus der TD-Spektrenschar Serien von TD-Isothermen berechnet. Diese sind in Abb. C 3 für die drei TD-Serien zu unterschiedlichen Heizraten dargestellt.

Die Tieftemperaturisothermen der b2-Zustände aller Serien sind im Gegensatz zu den Hochtemperaturisothermen durch einen weitgehend horizontalen Verlauf gekennzeichnet. Besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten für die Serien mit 3,61 K/s und 7,7 K/s. Bei hohen Temperaturen sowie kleinen (< 0,15 ML) und großen Bedeckungsgraden wird der Anstieg der Isothermen größer als null. Da horizontale Desorptionsisothermen charakteristisch für eine Desorption nullter Ordnung sind, ist Abb. C 3 ein weiterer Hinweis auf das vorliegende Phasengleichgewicht, das sich bei mittleren Bedeckungsgraden und niedrigen Temperaturen einstellt, s. Abb. A 12.

Aus order plots, einer doppeltlogarithmischen Darstellung der Isothermen, ist für die horizontalen Bereiche eine Desorptionsordnung von n = 0 sowie für die anderen Bereiche eine solche von n = 1 zu entnehmen. Einen vergleichbaren Verlauf der order plots erhält Nagai für den Übergang von n = 1 zu n = 0 bei simulierten Spektren [Nag86/1].

Abbildung C3
Abbildung C3  Desorptionsisothermen des Systems Cu/Re(0001) für den b2-Zustand aus TD-Serien mit 3,61 K/s und 31,8 K/s sowie für den b2- und den b1-Zustand aus TD-Serien mit 7,7 K/s. Zoom-pic Zoom-pdf

Für die TD-Serie mit 7,7 K/s sind die Isothermen auch für den b1-Zustand dargestellt. Im Bereich dieses Zustandes haben die Graphen etwa die gleiche Form wie im Bereich des b2-Zustandes, mit dem Unterschied, daß die horizontalen Bereiche bei höheren Temperaturen liegen. Die Vermutung liegt also nahe, daß es auch hier zu einem zweidimensionalen Phasenübergang kommt, was voraussetzt, daß es sich im Bereich bis 2 ML tatsächlich um "Monolagen" handelt. (Der Abfall der Desorptionsrate der Isothermen für 1080 K bis 1110 K und große Bedeckungsgrade ist als Artefakt anzusehen, der aus der Überlagerung der Desorptionspfade für TD-Spektren mit Q0 = 1 ML bis 2 ML entsteht. Berücksichtigt man bei der Berechnung der Isothermen nur Spektren mit Q0 < 1 ML, so ist dieser Abfall nicht zu beobachten.)

Der Verlauf der Isothermen für den Sublimationszustand a ist ebenfalls parallel zur (ln)Q-Achse. Vom horizontalen Teil der Kurve für die zweite Lage ist er durch einen Anstieg, äquivalent dem des Übergangs von der ersten zur zweiten Lage, getrennt. Bei weiteren Übergängen (3®4, 4®5, usw.) treten allerdings keine weiteren Sprünge auf. Offenbar liegt hier ein Wachstumsmodus vor, bei dem energetisch nicht mehr zwischen einzelnen Zuständen (Lagen) unterschieden werden kann. Dies wäre z. B. bei der Ausbildung von 3D-Kristalliten der Fall.

 

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1.1.2. Desorptionsenergie

Eine Möglichkeit, die Desorptionsenergie Edes zu bestimmen, ist ein numerisches Verfahren nach Schlatterbeck [Sch98/d], das auf dem Auswertungsverfahren nach Bauer [BPT74/1] basiert. Es stellt eine sehr genaue Untersuchungsmethode für die Bedeckungsgradabhängigkeit der Desorptionsenergie dar. Hierbei wird zunächst aus den Wertepaaren (Q, R) die Lebensdauer berechnet.

Bei dieser Methode werden nicht nur unterschiedliche Spektrenbereiche der Analyse unterzogen, sondern auch mehrere Spektren einer Serie. Daraus resultiert ein geringes Rauschen der Daten, allerdings fallen Effekte, z. B. beim Übergang zwischen zwei Lagen, besonders stark ins Gewicht. Die Ergebnisse dieses Verfahrens unterscheiden sich ansonsten nicht von denen, die durch Betrachtung und Auswertung der Desorptionsrate anstelle der Lebenszeit erhalten werden.

In Abb. C 4 sind deshalb auch nicht die verwendeten Lebenszeit-Isosteren abgebildet, sondern die "Arrhenius-plots", die sich aus einer Auftragung der Desorptionsisosteren in der Form lnR über 1/T ergeben. So kann ein besserer visueller Zusammenhang zu den TD-Spektren hergestellt werden.

Allen drei Serien ist gemein, daß die Graphen mit Bedeckungsgraden zwischen etwa 0,25 ML und 0,8 ML zusammenfallen, was zur Folge haben sollte, daß die Desorptionsenergie in diesem Bedeckungsgradbereich nahezu konstant ist. (Am größten ist die Streuung der Graphen bei der Serie mit 31,8 K/s.) Die Arrhenius-plots für Bedeckungsgrade < 0,25 ML liegen voneinander getrennt und haben unterschiedliche Steigungen. An der Hochtemperaturseite weisen sie starke Unregelmäßigkeiten auf, die jedoch außerhalb des Hauptdesorptionsbereiches liegen und bei der Berechnung der Desorptionsenergien nicht berücksichtigt werden mußten.

Abbildung C4
Abbildung C4  Arrhenius-plots des Systems Cu/Re(0001) für den b2- und den b1-Zustand aus TD-Serien mit 3,61 K/s, 31,8 K/s und 7,7 K/s. Zoom-pic Zoom-pdf

Für die TD-Serien mit 7,7 K/s und 31,8 K/s sind auch die Isosteren bis 2 ML abgebildet. Auch für den Bereich des b1-Zustandes ist ein überwiegend gemeinsamer Verlauf der Graphen ab 1,25 ML zu beobachten. Zwischen den beiden Zuständen existiert ein Gebiet, in dem die Graphen durch Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet sind. Interessant ist, daß dieser Bereich bei der TD-Serie mit 7,7 K/s hauptsächlich Arrhenius-plots beinhaltet, deren Bedeckungsgrade kleiner als 1 ML sind. Im Gegensatz dazu wird dieses Gebiet bei der TD-Serie mit 31,8 K/s mit Graphen > 1 ML bevölkert. Dieser Unterschied könnte aus dem Weiterwachsen des b 2-Zustandes für Q0 >1 ML für die Spektren mit 31,8 K/s entstehen.

Aus dem Anstieg der Arrhenius-plots kann direkt die Desorptionsenergie entnommen werden. In Abb. C 5 ist deren Verlauf für die drei Spektrenserien mit unterschiedlichen Heizraten dargestellt.

Im Bereich bis 0,25 ML steigen die zunächst sehr niedrigen Energiewerte aller drei TD-Serien mit dem Bedeckungsgrad stark an, nämlich von ca. 200 kJ/mol auf etwa 300 kJ/mol. Dieser Anstieg der Desorptionsenergie kennzeichnet die Desorption von Teilchen, deren attraktive Wechselwirkungen untereinander mit zunehmendem Bedeckungsgrad größer werden, wie es nach dem Modell des 2D-Gases für diesen Bereich, der außerhalb des Phasengleichgewichtes liegt, erwartet wird.

Abbildung C5
Abbildung C5  Desorptionsenergie des Systems Cu/Re(0001) nach BAUER für die TD-Spektren zu unterschiedlichen Heizraten aus Abb. C 1. Zoom-pic Zoom-pdf

Der Bereich von 0,25 ML bis 0,75 ML ist für die TD-Serien mit 3,61 K/s und 7,7 K/s durch einen konstanten Wert der Desorptionsenergie von etwa 310 kJ/mol gekennzeichnet. Diese Konstanz ist durch die Ausbildung des zweidimensionalen Phasengleichgewichtes bestimmt. He et al. geben einen Wert von 389 kJ/mol für den HT-Zustand des Systems Cu/Re(0001) an [HeG90/1], der allerdings im Vergleich mit den hier gewonnenen Daten zu hoch erscheint und nach der Abschätzung nach Redhead, nicht aber nach einem vollständigen Verfahren gewonnen wurde. Wie bereits festgestellt wurde, befindet sich der Desorptionsbereich der TD-Spektren mit 31,8 K/s oberhalb der kritischen Temperatur dieses Phasengleichgewichtes. Der Energieverlauf ist dementsprechend hier nicht horizontal, sondern er steigt weiter auf einen Wert von etwa 375 kJ/mol an. Dies kennzeichnet die Desorption aus dem Einphasengebiet.

Im Bereich von 0 bis 0,75 ML wurde der gleiche Verlauf auch für andere, vergleichbare Systeme gefunden: Cu/Ru(0001) [KPS91/1, VCE83/1, SRH94/1], Cu/W(110) [KoB86/1, BBP75/1], Cu/Mo(110) [PaB87/1], s. auch Literaturtabelle im Anhang.

Im Bereich von 0,75 ML bis 1 ML sollte für alle drei Spektrenserien nach dem 2D-Gasmodell ein erneuter (weiterer) Anstieg der Desorptionsenergie zu erwarten sein. (Beim Übergang des Systems ins Einphasengebiet kommt es wie im Bereich bis 0,25 ML zur Zunahme der attraktiven Wechselwirkungen mit steigendem Bedeckungsgrad.) Tatsächlich kommt es aber zunächst zu einem Abfall von Edes um etwa 20 kJ/mol und erst danach zu einem Anstieg. (Für die TD-Serie mit 3.61 K/s endet bei 1 ML der Untersuchungsbereich. Aufgrund der logarithmischen Auswertung kommt es hier zu extremen Werten.) Bei Q = 1 ML hat sich ein Wert von etwa 310 kJ/mol (7,7 K/s) bzw. von 350 kJ/mol (31,8 K/s) eingestellt.

Ein entsprechender Verlauf wurde auch für die Systeme Cu/W(110) [BBP75/1] und Cu/Mo(110) [PaB87/1] beobachtet, im Gegensatz zu den Systemen Cu/Ru(0001) [KPS91/1, VCE83/1, SRH94/1] und Cu/W(110) [KoB86/1], bei denen Edes konstant blieb.

Die Edes-Änderungen können auf unterschiedliche Art und Weise diskutiert werden: Das Absinken der Energie kann auf morphologische Ursachen zurückzuführen sein. Bei der Vollendung der ersten Lage müssen nämlich die Adatome immer dichter zusammenrücken, und der Gitter-misfit führt hier zu starken Spannungen innerhalb der Lage, die Energie kosten. Die Folge davon kann zum einen eine Erleichterung der Desorption (Verkleinerung von Edes) sein. Zum anderen könnte es auch innerhalb der ersten Lage zu einem ps-cp-Übergang kommen (vgl. Kap. A 2.3.2). Dabei ordnen sich die Teilchen mit ihrem eigenen Gitterabstand an und verlassen somit z. T. Gitterplätze mit günstigen Bindungsverhältnissen. Aber auch Wechselwirkungen der einzelnen Lagen untereinander sind möglich. Bevor die erste Lage vollständig aufgefüllt ist, könnten bereits Atome in die zweite Lage eingebaut werden. Bei der Desorption können bereits Atome der ersten Lage desorbieren, noch bevor die zweite Lage vollständig desorbtiv entfernt ist. Dies könnte vor allen Dingen bei der TD-Serie mit 31,8 K/s eine Rolle spielen.

Die starken Änderungen im Bereich von 0,75 ML bis 1 ML können damit erklärt werden, daß die Arrhenius-plots hier drei unterschiedliche Anstiegsabschnitte aufweisen. Diese können der Desorption aus den beiden Phasengebieten 2D-Gas bzw. 2D-Gas/Kondensat zugeordnet werden. Aber auch der o. a. ps-cp-Übergang sowie die Besonderheiten der Auswertungsmethode haben hier Einfluß.

Der Bereich von 1 ML bis 2 ML ist für die TD-Spektren mit 7,7 K/s durch einen leichten Anstieg der Desorptionsenergie ab einem Wert von 305 kJ/mol gekennzeichnet. Für die Spektren mit 31,8 K/s ist der Verlauf etwa konstant bei 340 kJ/mol. In beiden Fällen nähert sich die Desorptionsenergie dem Wert der Sublimationsenergie des Kupfers (337,4 kJ/mol [www_01]; 341,4 kJ/mol [LPS00/1]) an. Der Literaturwert von He et al. für den LT-Zustand Cu/Re(0001) liegt hier bei 310 kJ/mol und deckt sich mit den hier gewonnenen Ergebnissen.

Abbildung C6
Abbildung C6  Desorptionsenergie des Systems Cu/Re(0001) nach BAUER für den a-Zustand. Zoom-pic Zoom-pdf

Die aus der Auswertung erhältlichen Werte für den Frequenzfaktor der Desorption zeigen eine Kurvenform, die nahezu identisch auch bei der Desorptionsenergie auftritt. Im mittleren Bereich der ersten Lage hat der Frequenzfaktor die Größenordnung von 1013 s-1 [Wag97/1].

Der Bereich ab 2 ML ist durch einen relativ konstanten Wert der Desorptionsenergie von 320 ± 10 kJ/mol bis ca. 5 ML und einen sich daran anschließenden leichten Anstieg auf 335 kJ/mol gekennzeichnet, s. Abb. C 6. Diese Zahl stimmt gut mit dem Wert von 338 kJ/mol überein, der aus der Anstiegsflanke des a-Zustandes gewonnen wurde, und entspricht der Sublimationsenthalpie des Kupfers (337,4 kJ/mol [www_01], 341,4 kJ/mol [LPS00/1]).

 

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1.2. Beugung langsamer Elektronen

Es wurden LEED-Messungen am System Cu/Re(0001) durchgeführt, um Aussagen über den strukturellen Aufbau der Kupferschichten machen zu können. Dabei kam es darauf an herauszufinden, ab welchem Bedeckungsgrad sich geordnete Adsorbatstrukturen ausbilden. Weiterhin interessierte es, ob sich die Kupferatome, die 6,7 % kleiner sind als die Rheniumatome, dem Substratgitter anpassen oder ob sie sich in einem eigenen Gitterabstand anordnen.

Bis zu einer Bedeckung von etwa 0,8 ML Kupfer zeigt das LEED-Bild einen sich aufhellenden Untergrund, wie auch beim System Cu/Ru(0001) [CES80/1]. Auch die Grundgitterreflexe (s. Abb. B 6) sind verbreitert und erscheinen etwas diffuser. Zusatzreflexe sind nicht erkennbar. Dies kann ein Zeichen für eine statistische Verteilung der Kupferatome auf der Oberfläche sein, oder die sich gebildeten Aggregate sind kleiner als die Kohärenzweite des Elektronenstrahls. Möglich ist allerdings auch, daß sich die Cu-Atome pseudomorph auf der Oberfläche angeordnet haben und zumindest große Inseln, wenn nicht sogar einen zusammenhängenden Film mit der gleichen Struktur wie die Unterlage bilden. (Letzterer ist allerdings wegen der erhöhten Untergrundhelligkeit weniger wahrscheinlich.)

Kupferfilme, die bei Raumtemperatur aufgedampft wurden, zeigen in einem Bedeckungsgradbereich von etwa 0,8 ML bis 4 ML weitere Beugungsmaxima, die in Abb. C 7 dargestellt sind. Es kommt dabei zu einer Ausbildung von hexagonalen Satelliten erster Ordnung um die Rhenium- bzw. Kupfer-spots, die die gleiche Ausrichtung wie die Grundgitterreflexe haben. Der Abstand dieser Reflexe zueinander entspricht etwa 1/14 der Abstände der Re-Grundgitterreflexe.

Abbildung C7a Abbildung C7b Abbildung C7c
Abbildung C7  LEED-Bilder von RT-Filmen des Systems Cu/Re(0001): a) 0,86 ML-(14 x 1), 128 eV; b) 1,73 ML-(14 x 14)-Ring, 124 eV; c) 2,6 ML-(14 x 14), 126 eV (Alle unrotiert!) (Einsätze als Relief). Zoom-pic Zoom-pic Zoom-pic
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Das Auftreten derartiger Überstrukturreflexe um die Re-Grundgitterreflexe im Submonolagenbereich (Abb. C 7 a) kennzeichnet die Ausbildung einer zusammenhängenden Kupferschicht bzw. sehr großer Inseln auf der Substratoberfläche. Dabei tritt eine Periodizität auf, die 14 mal größer als der Abstand der Rheniumatome ist. Dies kann damit erklärt werden, daß die Kupferatome sich mit ihrer eigenen Gitterkonstante anordnen. Dabei kommt es zur Ausbildung einer inkommensurablen Koinzidenzstruktur. Das heißt, alle 14 Rheniumatome sitzt jeweils ein 15. Kupferatom auf einem Muldenplatz (eventuell auch "on top") und nach weiteren 7 Rheniumatomen ein Kupferatom auf einem Brückenplatz. Interessant ist, daß es bereits innerhalb der ersten Lage zu einem ps-cp-Übergang und damit zur Ausbildung einer dicht gepackten (cp-) Adsorbatstruktur kommt.

Die Tatsache, daß die Überstrukturreflexe nicht gegen die des Grundgitters rotiert und keine weiteren Reflexe sichtbar sind, ist ein Zeichen für eine uniaxiale Anordnung. Diese könnte durch eine Relaxation (Kompression) der ursprünglich durch die pseudomorphe Struktur ausgelösten, expandierten Anordnung der Kupferatome entstehen. Ähnliche LEED-Bilder wurden auch für Cu/Ru(0001) [CES80/1] und für Au/Ru(0001) von Harendt et al. [Har87/d, HCH86/1] gefunden. Andererseits wurden auch um 30° gedrehte Überstrukturreflexe detektiert und mit einer uniaxialen Anordnung der Adteilchen identifiziert, s. u.. Bei der beobachteten Überstruktur handelt es sich also um eine Überlagerung von drei (14 x 1)-Domänen, die entsprechend der C3V-Symmetrie um 120° gegeneinander verdreht sind.

Die Ringstruktur aus Abb. C 7 b kann ein Hinweis auf das gleichzeitige Auftreten verschiedener Adlagenstrukturen sein. Ammer et al. fanden eine solche Ringstruktur für 4 ML Cu/Ru(0001) und ordneten sie dem gleichzeitigen Auftreten von uniaxialen Rekonstruktionen und dreieckigen Anordnungen zu [AMW97/1]. Die Überstrukturreflexe sind ab einem Bedeckungsgrad von 1 ML nicht mehr um das Re-, sondern jetzt um das Cu-Grundgitter zentriert. Besonders in Abb. C 7 b ist der weiter innen liegende und mit einem der Überstrukturreflexe zusammenfallende Re-Reflex mit erhöhter Intensität sichtbar.

Beim Tempern dieser Filme verbessert sich die Fernordnung innerhalb der Kupferschichten: Hält man den Film 10 s auf einer Temperatur von 700°C, so sind nicht nur die Überstrukturreflexe der ersten, sondern sogar noch die der zweiten Ordnung sichtbar. Tempert man 10 min bei dieser Temperatur, so kann man auch Überstrukturreflexe bis zur vierten Ordnung erkennen. Der Film, der bei Raumtemperatur präpariert wurde, scheint also recht zerklüftet zu sein und glättet sich zusehends beim Tempern.

Abbildung C8a Abbildung C8b Abbildung C8c
Abbildung C8  LEED-Bilder von HT-Filmen (700 K) des Systems Cu/Re(0001): a) 1,0 ML-(14 x 1)R30°, 105 eV; b) 1,8 ML-(14 x 14)R30°, 132 eV; c) 3,3 ML-(14 x 14)R30°, 125 eV (z. T. invertiert (a) od. als Relief (a, c, Einsatz in b) Zoom-pic Zoom-pic Zoom-pic
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In Abb. C 8 a sind (14 x 1)R30°-Überstrukturreflexe bis zur vierten Ordnung für einen Monolagenfilm dargestellt. Zwischen diesen Reflexen, in der unrotierten 0°-Position, ist kein weiterer Reflex sichtbar, was nach Ammer et al. ein sicheres Zeichen für eine uniaxiale Anordnung der Adteilchen ist [AMW97/1]. Die verstärkte Ausbildung der Reflexe in einer Richtung ist ein Hinweis darauf, daß sich eine Wellung der Lage vorzugsweise in der (01-10)-Richtung entwickelt. Das gleiche Beugungsmuster erhalten auch He et al. für einen 2,2 ML-Film Cu/Re(0001), allerdings mit einer Periodizität von zehn Substratatomen (10 x 1) [HeG90/1]. Ein entsprechendes Beugungsmuster wird für Cu/Ru(0001) von verschiedenen Autoren [KPS91/1, HPB86/1, AMW97/1, ZGB00/1], 1,8 ML Cu/Ta(110) als (9 x 1) von Kuhn et al. [KCG93/1] und für 2,13 ML Cu/W(110) von Altmann et al. [LCC96/1] beschrieben.

Abb. C 8 b zeigt für einen 1,8 ML-Film eine (14 x 14)-Ringstruktur mit Überstrukturreflexen erster Ordnung, die aber im Gegensatz zum 1,73 ML-RT-Film in den R30°-Positionen angeordnet sind. Auch hier können die auftretenden Reflexe mit dem gleichzeitigen Auftreten von uniaxialen Relaxationen und dreieckigen Anordnungen erklärt werden.

Abb. C 8 c zeigt schließlich eine (14 x 14)R30°-Überstruktur bis zur dritten Ordnung, die in dieser Form (mit abgeschwächter Intensität und allmählichem Verschwinden der höheren Ordnungen) bis zu 8 ML sichtbar ist. In Abb. C 9 ist schematisch dargestellt, wie die Überstrukturreflexe zu den Grundgitterreflexen des Kupfers und zur theoretischen Position der Rheniumreflexe angeordnet sind. Zwischen den Reflexen auf der R30°-Position befinden sich weitere LEED-spots in den unrotierten 0°-Positionen. Ein solches LEED-Bild kennzeichnet nach Ammer et al. [AMW97/1] das Auftreten von dreieckigen Dislokations- (dl-) Strukturen. Aber auch Moiré-Muster könnten ein solches LEED-Bild hervorrufen.

Abbildung C9
Abbildung C9  Schematische Darstellung der R30°-Überstrukturreflexe von Kupferfilmen auf der Re(0001)-Oberfläche. Zoom-pic Zoom-pdf

Auch all die R30°-Überstrukturen können (wie bereits bei den nicht rotierten Überstrukturen beschrieben) dadurch entstehen, daß zumindest z. T. die pseudomorphe, expandierte Kupferschicht in eine dicht gepackte Anordnung relaxiert ist.

Nach Erhöhung der Schichtdicke über 8 ML verschwinden die Überstrukturreflexe, und man erhält nun erneut eine (1 x 1)-Struktur. Diesmal handelt es sich jedoch nicht um das LEED-Bild der Substratoberfläche, sondern um das der Kupferschicht. (Mit weiter steigendem Bedeckungsgrad ist, wie o. a., zunächst noch das (1 x 1)-Grundgittersignal des Rheniums schwach sichtbar, das sich hinsichtlich der Reflex-Positionen von dem des Kupfers unterscheidet.) Die Cu-Reflexe haben einen um den Faktor 15/14 größeren Abstand als die Grundgitterreflexe des Re zueinander. Überträgt man dieses Verhältnis in Realraumverhältnisse, so erhält man ein Größenverhältnis RRe/RCu = 15/14 = 1,071. Der Literaturwert [www_01] beträgt 1,072. Die gleichen Verhältnisse liegen auch bei dicken Schichten Cu/Ru(0001) vor [CES80/1].

He et al. beobachten für Cu/Re(0001) nicht nur die schon oben erwähnte (10 x 1)-, sondern für LT-Submonolagenfilme eine (2 x 2)-Cu-Struktur [HeG90/1]. Diese Zuordnung wird allerdings durch eine zweite Veröffentlichung desselben Autors [HeG90/2] in Frage gestellt, der das (2 x 2)-LEED-Bild einer H2/Re(0001)-Struktur zuschreibt. Ähnliche Vergleiche zwischen diesen beiden Arbeiten lassen sich bezüglich des Auftretens verschiedener LEED-Strukturen höherer Ordnung für einen 3 ML-Cu/Re(0001)-Film und CO/Re(0001)-Strukturen ziehen.

Um zusätzliche Strukturinformationen dickerer Cu-Filme zu erhalten, wurden LEED-(I,V)-Untersuchungen (s. Kap A 5.1.3) durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde ein LEED-Spektrum eines getemperten 20 ML dicken Cu-Films aufgenommen, das in Abb. C 10 abgebildet ist. Die gut definierten primären Bragg-Maxima sind ein Zeichen für einen relativ homogenen Film. Die Positionen der Maxima auf der Energieachse wurden in eine Darstellung der Energie über dem Quadrat der Beugungsordnung aufgetragen (grün: starke und grau: weniger starke Peaks). Die sich ergebenden Schnittpunkte können als eine Linie angepaßt werden, aus deren Anstieg sich nach Gleichung (A87) der mittlere Lagenabstand ermitteln läßt, vgl. Kap. A 5.1.3. Der Anstieg dieser Linie weicht von demjenigen ab, den man bei einem reinen Kupferkristall für die fcc(111)-Ebene erwarten würde (361,5 pm). Es ergibt sich ein um 9 % kleinerer Lagenabstand von 329 pm, der aber immer noch deutlich größer ist als der Abstand der nächsten Nachbarn im Cu-Kristall von 255,6 pm und somit eine offene Schicht kennzeichnet.

Außerdem liefert die Auftragung ein inneres Potential der Elektronen in der Cu-Oberfläche von -13 eV.
Abbildung C10
Abbildung C10  LEED-(I,V)-Spektrum des (0,0)-Reflexes eines getemperten 20 ML-Cu-Films auf Re(0001) und Auftragung der Peaklagen über l2. Zoom-pic Zoom-pdf

 

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1.3. Röntgenphotoelektronenspektroskopie

Um weitere Aussagen zur Adsorbatstruktur machen zu können, aber auch um Informationen über elektronische Wechselwirkungen zu erhalten, wurden XPS-Messungen durchgeführt. Hierzu wurden Filme bei 500 K präpariert sowie nach erfolgter Messung auf 870 K getempert und erneut vermessen. Untersucht wurden die 4d-Elektronen des Rheniums sowie die 3p-Elektronen des Kupfers, s. Kap. B 4.3.1.

In einer Serie von XP-Spektren der Cu-2p3/2-, der Re-4d5/2- und der Re-4f7/2-Elektronen zu unterschiedlichen Bedeckungsgraden von bis zu 10 ML tritt weder bei den Rhenium- noch bei den Kupferelektronen eine Verschiebung der energetischen Lage der Rumpfniveaus auf. Daraus kann geschlußfolgert werden, daß sich die elektronische Umgebung der Cu-Adteilchen auf der Re-Oberfläche nicht sehr stark von der unterscheidet, die auf einer Cu-Oberfläche gegeben ist. Der Befund der geringen Verschiebungen deckt sich mit den Ergebnissen von Rodriguez et al. [Rod96/1, RCG93/1, RCG91/1], vgl. auch Kap. A 2.6.1.

In einer Bedeckungsgrad-Serie ist erwartungsgemäß ein starkes Ansteigen der Intensität des Kupfersignals und Abfallen des Rheniumsignals mit zunehmendem Bedeckungsgrad erkennbar. In Abb. C 11 wird dies besonders deutlich. Hier sind die integrierten und normierten Peakflächen der Re-4d3/2- und Re-4d5/2-Elektronen sowie der Cu-2p3/2-Elektronen als Funktion des Bedeckungsgrades dargestellt. Die Integration der Spektren geschah numerisch. Ebenfalls abgebildet sind die normierten Intensitätsverhältnisse Cu/Re.

Abbildung C11
Abbildung C11  Normierte XP-Intensität des Re-4d3/2-, 4d5/2- und des Cu-2p3/2-Signals für bis zu 9 ML Cu/Re(0001) bei 500 K und 870 K, sowie das normierte Intensitätenverhältnis Cu/Re (Analysatorspannung 50 V). Zoom-pic Zoom-pdf

Verfolgt man den Verlauf der Cu- und Re-Intensitäten bis etwa 2 ML, so kann man in allen vier Fällen eine relativ gute Linearität erkennen. Die Kurven, die bei hoher (870 K) und niedriger Temperatur (500 K) gemessen wurden, fallen bis zu diesem Bedeckungsgrad zusammen. Bei höheren Bedeckungsgraden laufen die Hoch- und Niedertemperaturkurven jedoch auseinander; besonders die HT-Kurve des Rheniums und die LT-Kurve des Kupfers knicken bei diesem Punkt ab. Beide LT-Kurven haben oberhalb von 2 ML einen flacheren Verlauf als die HT-Kurven. Offenbar sind die ersten 2 ML relativ temperaturstabil und schwächen die austretenden XP-Elektronen relativ stark, was durch die Ausbildung von zwei (kompakten) Lagen erreicht werden könnte.

Dickere Filme verändern ihre Morphologie bei erhöhter Temperatur in der Art, daß mehr Substrat- und Adsorbat-XP-Elektronen detektiert werden (bei 9 ML ca. 130 %). Diese Tatsache spiegelt sich in diesem Bereich auch im annähernd identischen, linearen Verlauf der Intensitätsverhältnisse von Adsorbat und Substrat wider.

Aus STM-Messungen am System Cu/Ru(0001) ist bekannt, daß LT-Filme aus relativ offenen Strukturen (Pyramiden) bestehen (vgl. Abb. C 55) [PSG91/1, WMA97/1, GGK93/1], die beim Erhitzen kompakt werden [PSG91/1]. Eine Absenkung des Adsorbatelektronensignals infolge einer Temperaturerhöhung beim System Cu/O/Ru(0001) wird auf eine cluster-Bildung zurückgeführt [KSC93/1], woraus man schlußfolgert, daß ein offener Film zur Verringerung des Adsorbatsignals führt.

Offenbar werden die austretenden XP-Elektronen durch einen dichten, aber eher dünnen Film nicht so stark gestreut wie durch einen offenen, aber dickeren Film. Der vorliegende Kurvenverlauf läßt sich mit der Ausbildung von zwei geschlossenen Lagen erklären, auf welchen dann kompakte Kristallite aufwachsen.

Ab etwa 6 ML scheinen die Kupferkurven gegen einen Sättigungswert zu konvergieren. Anscheinend ist hier eine Schichtdicke erreicht, bei der sich die Effekte der Erhöhung der XP-Elektronenemitter und der -streuer gegenseitig aufheben. (Mit Zunahme des Bedeckungsgrades sind natürlich mehr Cu-Atome vorhanden, die XP-Elektronen emittieren. Gleichzeitig ist aber auch die Adsorbatschicht dicker, durch die die aus tieferen Regionen stammenden XP-Elektronen verstärkt gestreut werden.)

Im Gegensatz dazu wird der Verlauf der Rheniumkurven zwar mit zunehmenden Cu-Bedeckungsgrad flacher. Er sättigt aber im untersuchten Q -Bereich nicht. Die Intensität des LT-Re-Signals beträgt bei 9 ML immer noch 45 % und das des HT-Re-Signals 60 %. Dies kann damit erklärt werden, daß selbst bei diesen höheren Bedeckungsgraden die Oberfläche noch so "offen" ist, daß immer noch Rheniumelektronen den Detektor erreichen. Außerdem ist nicht auszuschließen, daß ein gewisser Anteil an Kupfer und Rhenium sich auf dem Probenhalter befindet und mit zu einem Grundrauschen der Spektren beiträgt.

 

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1.4. Auger-Elektronenspektroskopie

Als Unterstützung und Ergänzung der XP-Spektren sollen nun Augerelektronenspektren ausgewertet werden. Es wurden die Peak-zu-Peak-Abstände der Cu- und der Re-Übergänge der numerisch differenzierten Augerelektronenspektren ausgemessen und als Funktion des Bedeckungsgrades für das Substrat und das Adsorbat (wie bei den XP-Spektren) gemeinsam aufgetragen.

Der Bedeckungsgrad-Verlauf der AES-Substrat-Intensität ist äquivalent zu denen der XP-Spektren. Auch hier zeigt die Kurve für das Rhenium einen abfallenden Verlauf. Bei einer Bedeckung von 1 ML ist ein deutlicher Steigungsbruch zu erkennen. Ab 2 ML ist auch hier das HT-Re-Signal mit 30 % deutlich stärker als das LT-Re-Signal mit 10 %.

Die AE-Adsorbatintensitäten unterscheiden sich jedoch teilweise von denen der XP-Spektren. Zwar kommt es ebenfalls bis zu einem Bedeckungsgrad von 2 ML zu einem gemeinsamen Verlauf der LT- und HT-Kurven. Für größere Bedeckungsgrade ist aber hier das LT-Signal stärker als das HT-Signal (85 %). Zum gleichen Ergebnis kommen auch He et al. bei der Untersuchung des Systems Cu/Re(0001) und interpretieren diesen Befund als Abbau von clustern zugunsten fester Lagen bei Temperaturerhöhung für Filme > 2 ML zu [HeG90/1]. Der gleiche Effekt ist auch bei den Systemen Cu/W(100) und Cu/Mo(100) [WKH97/1] sowie Cu/Rh(100) [JiG91/1] zu beobachten.

 

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1.5. Änderung der Elektronenaustrittsarbeit

Auch durch die Messung der Änderung der Elektronenaustrittsarbeit als Funktion des Bedeckungsgrades und der Temperatur lassen sich Aussagen über Struktur und Wechselwirkungen der Adsorbatsysteme treffen. In Abb. C 12 sind die bedeckungsgradabhängigen DF-Kurven für bis zu 10 ML dicke Filme Cu/Re(0001) bei 500 K und nach dem Erhitzen auf 800 K dargestellt. Qualitativ zeigen sowohl die HT- (800 K) als auch die LT-Kurve (500 K) den gleichen Verlauf. Es kommt im Bereich bis 2 ML zu einem steilen, annähernd linearen Abfall von DF um 750 meV und einem sich dann anschließenden Anstieg bis auf ca. -500 meV bei 10 ML.

Wie sich aus den XPS-Untersuchungen ergab und in Kap. A 2.6 erläutert wurde, ist der Ladungstransfer zwischen Cu und Re nur gering. Die Austrittsarbeit der Cu-Schicht sollte sich also durch die Wechselwirkung mit dem Re-Substrat nur wenig ändern. Ausgehend von den Literaturwerten der Austrittsarbeiten von 5,4 eV für Re [YAW00/1] und 4,7 eV [Moe68/b] bzw. 4,9 eV [CES80/1] für Kupfer sollte sich für eine dicke (vom Substrat unabhängige) Cu-Schicht ein F-Wert ergeben, der ca. -500 meV bis -700 meV kleiner ist, als der der reinen Re-Fläche. Diese Voraussage stimmt mit dem Experiment recht gut überein.

Bei der glatten Re(0001)-Oberfläche kommt es bereits zu einer DF-Erniedrigung um etwa 100 meV beim Erhitzen. Dies kann darauf zurückgeführt werden, daß es zu einer verstärkten Oberflächendiffusion von Atomen oder clustern kommt. (Die Diffusionsbarriere für Re/Re(0001) liegt bei 46,5 kJ/mol, was einer Grenztemperatur von 217 K entspricht, und Re-cluster konnten per STM in einem Bereich von 200 K bis 600 K beobachtet werden [GoE99/1].) Diese Oberflächenatome oder -cluster erhöhen den Oberflächendipol und verstärken damit DF . Dieser Unterschied der HT- und LT-Kurven setzt sich bis ca. 2 ML fort und klingt dann bis 3,5 ML langsam ab. Wie schon festgestellt, wachsen die ersten 2 ML sowohl bei Raum- als auch bei erhöhten Temperaturen lagenweise auf. Der Effekt der vermehrten Adatom- oder Cluster-Diffusion sollte also auch hier beobachtet werden können. Auf den zwei geschlossenen Kupferlagen wachsen dann Kristallite auf, was zu einer Aufrauhung der Oberfläche führt. Beim Erhitzen wird der relativ offene LT-Film dichter, was seine Austrittsarbeit allerdings erhöht. Damit ist zu erklären, daß DF des LT-Films für dicke Lagen etwa 100 meV niedriger ist als die des HT-Films.

Abbildung C12
Abbildung C12  DF-Kurven für bis zu 10 ML dicke Filme Cu/Re(0001) bei 500 K und nach dem Erhitzen auf 800 K, gemessen mit der Kelvinmethode. Zoom-pic Zoom-pdf

Die Minimum/Maximum-Struktur bei 1 ML könnte im Zusammenhang mit dem Abschluß der ersten Lage stehen, die nach den LEED-Erkenntnissen bei erhöhten Temperaturen homogener ist als bei niedrigen. Es kommt hier zu einer schlagartigen Verdichtung des Films (Beseitigung der Rauhigkeit), was die Austrittsarbeit erhöhen sollte. Dieser Effekt der Oberflächenglättung wurde auch für das System Cu/Ru(0001) gefunden [HPB86/1].

Extrema in der DF-Kurve(n) bei 1 ML und 2 ML sind auch bei anderen Systemen zu beobachten: Houston et al. erklärt das Minimum in der DF-Kurve bei 2 ML für Cu/Ru(0001) mit einem Ladungstransfer der ersten beiden Lagen zum Ruthenium hin mit der damit verbundenen Verkleinerung der Austrittsarbeit (bzw. Vergrößerung von DF ) [HPB86/1]. Die Übertragbarkeit dieser Erklärung auf das Cu/Re-System ist jedoch auf Grund der kleineren Elektronendichtedifferenz von Cu/Re gegenüber Cu/Ru fraglich. Bauer et al. beschreibt (leider ohne weitere Diskussion) einen fast identischen DF -Verlauf für Ag/W(110) [BPT77/1]. Ertl und Küppers erklären das Auftreten von Minima in DF-Kurven bei Alkalimetalladsorption mit einem Gleichgewicht zwischen der Zunahme der Oberflächendipole mit Q und der gleichzeitigen Abnahme der individuellen Dipolmomente auf Grund des Depolarisationseffektes [ErK77/b]. Diese Erklärung kann allerdings auch nur bedingt auf das vorliegende System mit einem kleinen oder verschwindenden Ladungstransfer übertragen werden.

 

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